28.01.2020

Mord an den Juden ist ein Verbrechen ohne Beispiel

Internationaler Holocaustgedenktag im Museum für Kunst- und Kulturgeschichte

Nie wieder soll es zum Krieg, nie wieder zum Faschismus, nie wieder zur menschenverachtenden Vernichtung kommen. Das sagte Oberbürgermeister Ullrich Sierau am Internationalen Holocaustgedenktag.

Eingeladen zu dem Gedenken in die Rotunde des Museums für Kunst- und Kulturgeschichte hatten die Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit gemeinsam mit der Mahn- und Gedenkstätte Steinwache, der VHS, der Auslandsgesellschaft und dem Museum.

Die Einlader konnten Prof. Dr. Constantin Goschler von der Ruhruniversität Bochum begrüßen. Der Zeithistoriker spannte in seinem Vortrag einen Bogen über 75 Jahre Holocaustgedenken. Wobei der Begriff des „Holocaust“ sich erst in den 70er Jahren dank der gleichnamigen vierteiligen US-Filmserie etablierte.

Direkt nach 1945, so Prof. Goschler, habe der Mord an den Juden nirgends eine herausragende Rolle gespielt. In Deutschland selbst habe es bald eine verbreitete Abwehrhaltung gegen die „Siegerjustiz“ gegeben; in den anderen Ländern wäre die Befassung mit Deportation und Vernichtung der jüdischen Bevölkerung gleichbedeutend mit der Anerkennung der eigenen Kollaboration gewesen.

Erst in den 60er Jahren habe sich ein Bewusstsein gebildet, das den Judenmord als eigenständiges und präzedenzloses Verbrechen ansah. Wichtig dafür seien der Eichmann-Prozess in Jerusalem und der Frankfurter Auschwitzprozess gewesen.

Eine „Holocausterinnerungskultur, wie wir sie heute kennen“, gebe es erst seit den 80er Jahren. „Der Holocaust wurde zum universellen Maßstab der Menschheitsverbrechen.“ Nach Goschlers Meinung habe dieser „Erinnerungsboom“ mit Beginn des neuen Jahrhunderts seinen Höhepunkt erreicht. „Der erinnernde Rückblick weicht mehr und mehr dem ängstlichen Blick auf kommende Katastrophen.“

Pfarrer Ralf Lange-Sonntag, evangelischer Vorsitzender der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit, erinnerte in seinem Grußwort daran, dass zwischen der Gründung der NSDAP vor 100 Jahren und der Befreiung von Auschwitz nur 25 Jahre lagen. Ein kurzer Zeitraum, der genügte, „um Europa in Schutt und Asche zu legen“.

In diesem viertel Jahrhundert sei aus einer radikalen Minderheit eine Mehrheit geworden. „Die Mehrzahl, auch die Kirchen, ließen sich gerne einspannen, schauten weg.“ Lange-Sonntag mahnte, dass 1945 nicht das Ende der Menschenverachtung gewesen sei.

Gerade in den letzten Jahren würde rechtes Gedankengut wieder salonfähig. Ähnlich OB Sierau: der wiedererstarkende Rechtspopulismus und Antisemitismus sei erschreckend. Doch Sierau habe Hoffnung, „dass wir alle gemeinsam aufstehen, wenn es in die falsche Richtung geht.“

  • Befreiung von Auschwitz
    27. Januar 1945: Sowjetische Soldaten der I. Ukrainischen Front erreichten das Konzentrationslager Auschwitz. Wehrmacht und der SS leisteten noch erbitterten Widerstand. Am Nachmittag gegen 15 Uhr waren beide Lagerteile befreit. Die Rotarmisten trafen nur noch 7.000 Häftlinge an. Von Sommer 1940 bis Anfang 1945 wurden 1,3 Millionen Menschen hierhin deportiert.
    Auschwitz steht heute stellvertretend für die schlimmsten Menschheitsverbrechen. 2005 haben die Vereinten Nationen den 27. Januar zum Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust ausgerufen.
Foto: Stephan Schütze
Internationaler Holocaustgedenktag im Museum für Kunst- und Kulturgeschichte.
Foto: Stephan Schütze