Die Nachbarschaft in der Dortmunder Overhoffstraße ist so zuverlässig wie das Geläut der Kirchenglocken. Jeden Abend um Punkt 19 Uhr stimmt Heike Seidenstücker, Presbyterin der Ev. Elias-Kirchengemeinde mit ihren Nachbarinnen und Nachbarn das Lied „Der Mond ist aufgegangen“ an. Alle sieben Strophen. Jeden Abend. Bei Wind und Wetter. Sonne und Regen. An heißen Sommer und klirrend-kalten Wintertagen. Und das am letzten Freitag im Juli zum 500. Mal!
Heike Seidenstücker erinnert sich noch genau an den Anfang. Es war der 18. März 2020 und die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) hatte als Zeichen der Verbundenheit in der Corona-Pandemie zum „Balkonsingen“ aufgerufen. Sie fand die Aktion klasse, stellte sich anfangs allein ans Fenster und sang. Dann hörte sie ein weiteres „Der Mond ist aufgegangen“ aus einem der Nachbargärten. Da waren sie schon zu zweit, kurz darauf zu dritt … und heute sind sie „bis zu 32 Leute, aber nie weniger als zehn“, freut sich Seidenstücker.
Längst ist das gemeinsame „Mond-Singen“ in der Overhoffstraße viel mehr als ein kurzer abendlicher Treff vor den Haustüren. Es ist ein Zeichen von guter Nachbarschaft, Solidarität und Mitgefühl. Und für Pfarrerin Dr. Kerstin Schiffner auch „ein wunderbares Beispiel für Durchhalten, Verbundenheit und Trotzkraft in der Coronazeiten“. Natürlich alles mit Abstand und coronakonform. Aber die Nähe ist trotzdem da. Und sie wird auch bleiben, wenn irgendwann nicht mehr gesungen wird. Aber: „Das Ende der Pandemie ist ja noch nicht in Sicht. Also werden wir erstmal einfach weitersingen“, verspricht Seidenstücker. EKvW