Auf diesen Tag haben zahlreiche Menschen lange hingearbeitet. Am 20. März, pünktlich zum kalendarischen Frühlingsanfang, war es endlich so weit: Die neue zweiteilige Orgelanlage – Chor- und Hauptorgel – in der Evangelischen Stadtkirche St. Reinoldi wurde offiziell mit einem Festgottesdienst eingeweiht.
Die Bauarbeiten im Bereich der Chororgel waren schon im November 2020 beendet worden. Anfang 2021 starteten die Baumaßnahmen für die Hauptorgel. „Auf die feierliche Einweihung der Chororgel mussten wir aufgrund der aktuellen Pandemiesituation Ende 2020 leider verzichten. Seit November letzten Jahres erklingt die Chororgel allerdings in den Gottesdiensten an der Stadtkirche sowie den digital übertragenen Gottesdiensten und Veranstaltungen aus der Reinoldikirche“, sagt Heike Proske, Superintendentin im Evangelischen Kirchenkreis Dortmund.
Kirchenmusik auf höchstem Niveau
Bereits 1522 wird von einer prachtvollen Orgel berichtet. Ab 1909 erklang Musik in Gottesdiensten und Konzerten von der damals größten Orgel im westdeutschen Raum; sie fiel dem Bombenhagel im Zweiten Weltkrieg zum Opfer. In der Tradition dieser bedeutenden Walcker-Orgel wurde nach dem Krieg eine neue Walcker-Orgel gebaut. Doch im Laufe der Jahre entpuppte die sich mehr und mehr als Probleminstrument. Sie fiel oft aus und verursachte fortwährend Reparaturkosten.
Drei Expertisen bescheinigten unabhängig voneinander: Weitere Sanierungen würden unrentabel sein. Tradition verpflichtet: St. Reinoldi braucht gerade in diesen Zeiten eine neue Orgel, um die über Jahrhunderte aufgebaute Qualität zu wahren und Kirchenmusik auf höchstem Niveau zu halten. Daher wurde ein Wettbewerb für einen Orgelneubau ausgeschrieben.
Den Zuschlag für den Bau der neuen Orgel erhielt die renommierte Werkstätte für Orgelbau Mühleisen (Leonberg) – in bewährter Kooperation mit dem Architekturbüro Bernhard Hirche (Hamburg). „Die zweiteilige Orgelanlage wird den mittelalterlichen Kirchenraum von zwei Standorten aus gleichzeitig beschallen. Beide Teilinstrumente – Hauptorgel und Chororgel – bilden zusammen ein hervorragendes innovatives Konzertinstrument mit nahezu unbegrenzten Möglichkeiten“, erläutert Pfarrer Michael Küstermann.
Wahrzeichen Dortmunds
Die Stadtkirche St. Reinoldi ist seit Jahrhunderten ein Wahrzeichen Dortmunds – eng mit der Geschichte der Stadt verbunden, doch mit überregionaler Ausstrahlung: als täglich geöffnete Kirche mitten in der Innenstadt, als besonderer Ort für Gottesdienste und repräsentative Veranstaltungen für den Kirchenkreis Dortmund und auch für die Evangelische Kirche von Westfalen. Im Rahmen dieses vielfältigen spirituellen und kulturellen Programms hat die Musik für St. Reinoldi traditionell eine besondere Bedeutung.
Der Raum der Kirche öffnet sich regelmäßig für kleinere künstlerische Formate, für Konzertreihen mit bedeutenden Gastkünstlerinnen und -künstlern und er lädt ein zu großen (Weihnachts-)Oratorien. Seit über 125 Jahren ist die Kirche verbunden mit dem Dortmunder Bachchor sowie dem Bläserkreis an St. Reinoldi.
Musikalischer Mittelpunkt
Seit Jahrhunderten bilden Orgeln den musikalischen Mittelpunkt in Kirchen. Von 1909 bis zu ihrer Zerstörung im Kriegsjahr 1945 erklang in der Stadtkirche eine der bedeutendsten Orgeln im westdeutschen Raum. Die UNESCO zeichnete im Dezember 2017 die deutsche Kunst des Orgelbaus und der Orgelmusik als immaterielles Kulturerbe der Menschheit aus. Im selben Jahr wurde ein Wettbewerb für einen Orgelneubau in St. Reinoldi ausgeschrieben. Denn: Auf eine Orgel in der Stadtkirche Dortmunds zu verzichten – undenkbar!
„Es liegt in unserer Verantwortung, die Kirche wie auch das Kirchengebäude weiterzubauen und im Profil zu schärfen. Wir setzen als Kirche Schwerpunkte und profilieren unsere Arbeit an einzelnen Standorten. St. Reinoldi wahrt mit einer neuen Orgelanlage die über Jahrhunderte entwickelte Qualität musikalischer Arbeit und hilft, Kirchenmusik auf höchstem Niveau zu halten“, führt Michael Küstermann aus.
Chororgel und Hauptorgel bilden zukünftig zusammen ein herausragendes innovatives Konzertinstrument, dessen Klangqualitäten in dieser Region große Anziehungskraft entfalten kann. „Wer einmal die Kirche betreten hat, während die Orgel spielte, hat nicht nur ‚Musik‛ gehört. Eine diesem einzigartigen Raum angemessene Orgel lässt Gedanken und Sinne mitschwingen, erfüllt Herz und Seele. Worte beschreiben einen solchen Moment nur unzureichend“, ist sich Heike Proske sicher. Und doch könnten wir nachempfinden, was Worte aus Psalm 150 zum Ausdruck brächten: „Lobt Gott mit dem Klang von Harfe und Posaune, von Flöten und vielen Instrumenten.“
Grundstein für die Zukunft
„Den Unternehmen und all ihren Mitarbeitenden, die dies mit hohem Engagement ermöglicht haben, danke ich von Herzen. Mein Dank gilt ebenso den Förderern wie der Reinoldigilde zu Dortmund, den Gildnerinnen und Gildnern, die durch ihre Unterstützung nicht nur die Chororgel, sondern das Gesamtprojekt ‚Neue Orgel für Reinoldi‛ engagiert vorangetrieben haben. Außerdem danke ich vielen weiteren Menschen, die sich St. Reinoldi verbunden fühlen und durch ihre Tatkraft und ihren vielfältigen Einsatz einen wichtigen Grundstein für die Zukunft unserer Stadtkirche allgemein und der Orgelmusik in St. Reinoldi im Besonderen mit gelegt haben. Ich wünsche und hoffe, dass die neue Reinoldi-Orgel Menschen in Dortmund und weit darüber hinaus begeistern wird“, sagt Michael Küstermann.