26.02.2015 // Diakonie-Rundgang

Ohne Sicherheitsnetz und in ständiger Angst

Wer krank ist, geht zum Arzt und wer schwer krank ist, ins Krankenhaus. Diese einfache Regel gilt nicht für alle Menschen in Dortmund.

Diakonie-Rundgang thematisiert fehlenden Krankenversicherungsschutz

Wer krank ist, geht zum Arzt und wer schwer krank ist, ins Krankenhaus. Diese einfache Regel gilt nicht für alle. Eine vierstellige Zahl von Menschen, die in Dortmund leben, haben keinen Krankenversicherungsschutz – Tendenz steigend.

Sie können nicht zum Arzt gehen, weil sie kein Geld dafür haben. Deshalb hatte die Diakonie während der Aktionswoche „arm in Arm“ zu einem Nordstadt-Rundgang eingeladen. Er führte zu Orten, die klar machten, was es heißt, um ärztliche Behandlung ringen müssen.

„Mehr als die Hälfte derer, die zu uns kommen, sind nicht krankenversichert“, sagte Johanna Smith von „Willkommen Europa“. Die Ökumenische Beratungsstelle für Zuwanderer kümmert sich um Migranten vor allem aus Osteuropa. Sicher, so Smith, würde jeder eine Notbehandlung im Krankenhaus bekommen, doch mit anschließender Rechnung. Und die könne nicht bezahlt werden.

Eine Geburt beispielsweise plus Versorgung für das Neugeborene koste zwischen 4.000 und 5.000 Euro. „Die Menschen, die zu  uns kommen, leben ohne Sicherheitsnetz und in ständiger Angst.“  Deshalb fordert sie die Einrichtung eines finanziellen Notfonds. Regina Adams, Fachbereichsleiterin im Diakonischen Werk, fasste es zusammen: „Armut ist ein hochgradiges Gesundheitsrisiko.“

Handfeste Hilfe leisten zwei Krankenschwestern und ein Arzt, die an zehn Orten in der Nordstadt kostenlose Sprechstunden anbieten. Dr. Jens Feigel, der „Facharzt für Nächstenliebe“, hat vor einigen Jahren seine Anstellung im Krankenhaus aufgegeben, weil er aus christlicher Motivation heraus armen Menschen helfen wollte.

Seinen Plan, in ein Land der Dritten Welt zu gehen, habe er fallen gelassen, weil es auch hier genügend Menschen gäbe, die ihn genauso dringend bräuchten: Wohnungslose, Flüchtlinge, Migranten. Er erzählte von einem Patienten mit einem Geschwür am Bein.

„Das würde man normalerweise operieren.“ Doch der notwendige Krankenhausaufenthalt koste 2.000 bis 3.000 Euro. „Das Geld hat der Patient natürlich nicht.“ Also behandelt Feigel das Bein mit Kompressen. „Das ist Armenmedizin.“

Und selbst die funktioniert nur, weil  Diakonie und Gesundheitsamt diese „Aufsuchende medizinische Krankenpflege“ finanzieren. Unterstützung bekommen sie von dem „Verein für aufsuchende medizinische Hilfen“, der sich um Sach- und Geldspenden kümmert.

„In einem der reichsten Länder der Welt bedeutet Armut, früher sterben zu müssen“, so Regina Adams. Und zwar an Krankheiten, die eigentlich gut behandelbar sind.

Foto: Stephan Schütze
Der Rundgang durch die Nordstadt während der Woche „arm in Arm“ startete in der Ökumenischen Anlaufstelle „Willkommen Europa“.