11.04.2020

Ostern: Entsetzen – Erstaunen – Freude

Wenn wir an das allererste Osterfest zurückdenken, kommt uns dieses ungewohnte Ostern 2020 erstaunlich nahe.

Damals, drei Tage nach dem Tod Jesu am Kreuz, herrschte Entsetzen, Sprachlosigkeit, Trauer. Alle fragten sich: Wie kann es weitergehen? Ja sogar: Kann das Leben weitergehen wie bisher?

Entsprechend haben wir reagiert, als alle Veranstaltungen und Zusammenkünfte von Menschen seit Mitte März bis Mitte April abgesagt wurden, werden mussten. Wie soll die Osterfreude aufkommen ohne Gemeinschaft, vereinzelt, isoliert, verstreut?
Ostern ohne Gottesdienste – das gab es noch nie. Das kann nicht sein.

Dann kam das Erstaunen: Ein neuer Morgen. Ein wunderschöner Sonntagmorgen. Das Grab damals - leer. Der Auferstandene grüßt die, die in ihrer Traurigkeit stecken und gar nicht herauswollen, keinen Ausweg sehen. Keinen Weg für den nächsten Tag.
Doch das Leben – das neue Leben eines vom Tod erstandenen Menschen, macht lebendig. Fordert heraus. Öffnet Türen und Herzen und neue Perspektiven.

In den evangelischen und katholischen Gemeinden begannen Überlegungen: Wie können wir unseren Gemeindegliedern das freudige, lebendig machende Gefühl der Auferstehung nahebringen – trotz Kontaktverbot?  Viele kreative Ideen, Online-Gottesdienste, Posaunen im Hof eines Altenheimes, Klatschen vom Balkon, Nachbarschaftshilfe, Gabenzäune, gemeinsames Gebet an getrennten Orten täglich um 19.30 Uhr bei ökumenischem Glockenklang – so vieles wurde neu geboren, zum Leben erweckt.

So vielfältig, so bunt, so überraschend, so freudig ist Ostern!

Auch in diesem Jahr wird es Auferstehung geben. Wir werden in unseren Familien auf ganz unterschiedliche Weise Ostern feiern, vielerorts mit viel Kreativität, die dazu führt, dass wir untereinander in Kontakt bleiben.  "Nach Corona" sollten wir davon einander erzählen.

Plötzlich bekommt Ostern etwas von dem, was der erste Ostertag den Menschen damals brachte: Wir entdecken das Leben – so wie es ist. Wir stellen uns den Herausforderungen – als Chance. Wir erwecken uns und andere zu neuen Arten der Begegnung, des Aneinander-Denkens. Wir erwachen aus dem Alltag in neues Leben.

Natürlich ist Corona damit nicht vorbei, nicht besiegt. Krankheit, Leid, Tod, Vereinsamung, Gewalt in Familien, Armut und Distanz bleiben. Aber wir dürfen auch fühlen und für uns selbst ernst nehmen, was wir in der Natur erleben: Es wächst Neues. Es entstehen andere Möglichkeiten. Es gibt Hoffnung für ein Leben mit Corona in dieser Welt. Das Virus lässt nicht alles ausfallen, nein. Ostern fällt nicht aus!       Ostern findet statt. Bei dir. Bei mir. Für uns. Ostern ist der Sieg des Lebens im Angesicht des Todes.

Und wenn es dann irgendwann wieder beginnt bei uns in Dortmund mit Öffnungen von Geschäften, Kindergärten, Schulen, wenn wir uns langsam wieder trauen, in kleinen Gruppen zusammenzukommen, werden wir feststellen: So leicht ist das gar nicht, uns so nah zu kommen, in Räumen mit vielen Menschen eng beieinander zu sein.

Dann haben wir hoffentlich gelernt: Die Welt ist eine andere geworden. Ich bin eine andere geworden. Und auch: Leben lohnt sich, gerade weil wir selbst die Erfahrung gemacht haben, eingeschränkt, verunsichert, vereinsamt gewesen zu sein. Wir lernen den Wert des Lebens und seiner Freiheiten schätzen – genau jetzt. Darin liegen unsere Hoffnung, unsere Freude, unsere Liebe, unser Glaube.

Gesegnete Ostern und bleiben Sie behütet!

Heike Proske         und     Propst Andreas Coersmeier
Superintendentin             Stadtdechant

Foto: Pixabay
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