01.12.2015 // St. Petri

Pfarrerin Barbara von Bremen ging in Ruhestand

„Wir lassen dich nicht gerne gehen.“ Mit diesen Worten verabschiedete Superintendent Ulf Schlüter Pfarrerin Barbara von Bremen.

Kirche für Freigeister und Suchende

„Wir lassen dich nicht gerne gehen.“ Mit diesen Worten verabschiedete Superintendent Ulf Schlüter Pfarrerin Barbara von Bremen. Und dass das nicht nur seine Meinung war, zeigte der zustimmende Applaus der mehr als 200 Gäste, die zur Verabschiedung von Pfarrerin von Bremen am 1. Advent in die Stadtkirche St. Petri gekommen waren.

Türen habe sie geöffnet, so Superintendent Schlüter, und den Kirchraum gefüllt mit Themen, Aktionen und Rituale. Die Kirche in der City hätte sie verstanden wie eine Membran, „durchlässig nach innen und nach außen.“ Das Experimentieren mit neuen, alten und anderen Formen, ihre Wege hin zu Grenzgebieten habe Menschen für die Kirche gewonnen.

„Du hast beharrlich Wege gesucht durch das postmoderne Labyrinth des Lebens.“ Für Pfarrerin von Bremen selbst, so bekannte sie in ihrer Predigt, sei St. Petri ein „lebendiges Gasthaus Gottes.“ Es lebe von ökumenischer und interreligiöser Offenheit.

„Wir haben in St. Petri die Menschen in den Blick genommen, die am Rande der Kirche stehen – Freigeister, Suchende, Konfessionslose und Multireligiöse.“ Neben dem Rückblick auf die „vielen Jahre Leben und Arbeit in diesem einzigartigen gotischen, hellen, lichtdurchfluteten Raum“, predigte sie über ein anscheinend klassisches, tatsächlich auch brandaktuelles Thema.

„Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.“ Tausendmal gehört, viel zu vertraut, als dass es noch überraschen könnte, und doch: „In dieser aufgewühlten Zeit, in der angesichts des Terrors in Europa von Krieg gesprochen wird, höre ich diesen Satz anders. Nicht als Ohrwurm, sondern aufrüttelnd.“

Das Gebot der Nächstenliebe bekomme in dieser Zeit erneut Sprengkraft, weil es das Vertrauen und nicht die Angst anspreche. „Liebe deinen Nächsten“ sei das Gebot und nicht etwa „Verteidige deine Werte“.

Vor 26 Jahren hatte Barbara von Bremen ihren Dienst in St. Petri angetreten. Behutsam und entschlossen hat sie gemeinsam  mit Almuth Begemann und Silke Konieczny die erste westfälische Citykirche am Hellweg etabliert. „Der Raum hat immer mit uns gearbeitet“, verweist sie auf das „Goldene Wunder“, dem Altarschatz.

In ihren Programmen aktualisierte das Team die Szenen des Altars. Anregungen für Segnungen, Salbungen, Gebetshaltungen fanden sie im Schnitzwerk des Altars. Zu Pfingsten wurden die Bänke umgedreht, schon veränderte sich die Sicht auf die gotische Kirche. Nach zähen Ringen konnten die Bänke in Stühle ausgetauscht werden. Der  frei bespielbare Kirchraum öffnete sich für Tango, Labyrinthe und tanzende Derwische.

Mut zu Experimenten und eine sensible Sprache zeichnet Barbara von Bremen aus. In einem evangelischen Pfarrhaus ist sie aufgewachsen. Doch der Entschluss Theologie zu studieren reifte erst nach einem internationalen Jugendaustausch. Ihr Vikariat absolvierte sie noch in Berlin Neukölln, nach dem Zweiten Examen arbeitete sie in der Kirchengemeinde Querenburg. Ökumene, interreligiöser Dialog und kritische Kulturarbeit sind und bleiben ihr Herzensanliegen. Berlin wird nun ihre neue „alte“ Heimat.

Foto: Stephan Schütze
In einer vollen Stadtkirche St. Petri verabschiedete sich Pfarrerin Barbara von Bremen (Bildmitte) in den Ruhestand. Rechts neben ihr Superintendent Ulf Schlüter, links Pfarrerin Almut Begemann und Organist Ludwig Kaiser.