16.03.2015 // Theologieprofessor Weinrich in Paul-Gerhardt

„Positive Toleranz“ statt Gleichgültigkeit

Für eine „positive Toleranz“ sprach sich der Professor für Systematische Theologie an der Ruhruniversität Bochum, Michael Weinrich, in einem Vortrag zum Reformationsjubiläum in der Evangelischen Paul-Gerhardt-Kirche aus.

Bochumer Theologieprofessor Weinrich spricht in Paul-Gerhardt

Für eine „positive Toleranz“ sprach sich der Professor für Systematische Theologie an der Ruhruniversität Bochum, Michael Weinrich, in einem Vortrag zum Reformationsjubiläum in der Evangelischen Paul-Gerhardt-Kirche aus.

„Eine positiv verstandene Toleranz entwickelt eine eigene Vorstellung vom gedeihlichen Zusammenleben der Religionen“, sagte er vor etwa 60 Zuhörern und Zuhörerinnen. Diese „achtsame“ Toleranz gehe über eine reine Duldung hinaus, sie enthalte eine Vision. Wenn Toleranz sich auf eine passive Duldung beschränke, führe sie zu einer „Gleichgültigkeit“ und damit zu einer „Beziehungslosigkeit in einer erkalteten Gesellschaft“.

Weinrich beschrieb die Gefahr, wenn die Toleranz von einer Verhaltensweise zu einem Bekenntnis mutiere. Als Beispiel nannte er den Antisemitismus, der aus der Aufklärung erwuchs.

Der Philosoph Voltaire sei vehement gegen das Judentum vorgegangen, in dem er es als „aufklärungsresistent“ verdammte. „Heute steht an Stelle des Judentums bei vielen der Islam“, so Weinrich.

Toleranz impliziere kein Werturteil, sondern schütze die Auseinandersetzung zwischen Religionen und unterschiedlichen Anschauungen vor Rigorismus.

Eine positiv verstandene Toleranz entwickle sich „situationssensibel“. Deshalb gebe es keine allgemein gültige Definition. Toleranz habe dort ihre Grenze, wo das Leben und die Würde anderer Menschen gefährdet und bedroht würden. Die Menschenrechte nannte er dabei als wichtigen Maßstab.

„Gefährlich wird es, wenn die allein Gott vorbehaltene Absolutheit von den Gläubigen selbst beansprucht wird“, so der Professor. Die Wahrheit sei den Menschen übergeordnet und ihrem Zugriff entzogen.

Der Vortrag fand im Rahmen einer Reihe zur Lutherdekade statt, die von der Evangelischen Paul-Gerhardt-Gemeinde gemeinsam mit dem Evangelischen Kirchenkreis Dortmund verantwortet wird. Weitere Vorträge sind für den September und den November geplant.

Foto: Stephan Schütze
Professor Michael Weinrich