31.03.2017 // Christen gegen Rechtsextremismus

Rechtspopulismus und die Neuen Rechten

Kritisch hat sich der Politologe Henning Flad zur Einladung des Evangelischen Kirchentages an einen Vertreter der rechtspopulistischen AfD geäußert.

Christen gegen Rechtsextremismus-Veranstaltung mit Henning Flad

Von Rainer Zunder

Kritisch hat sich der Politologe Henning Flad zur Einladung des Deutschen Evangelischen Kirchentages an einen Vertreter der rechtspopulistischen Alternative für Deutschland (AfD) geäußert.

„Niemand kann uns dazu verpflichten, einen von der AfD auf unser Podium einzuladen“, sagte Flad im Dortmunder Reinoldinum. Die Einladung zum Berliner Kirchentag Ende Mai 2017 wird in Kirchenkreisen zunehmend kontrovers diskutiert.

Flad referierte am 28. März 2017 bei einer Vortragsveranstaltung des Arbeitskreises Christen gegen Rechtsextremismus (CgR) zum Thema „Rechtspopulismus und die Strategien der Neuen Rechten“.

„Die Ideen der AfD wirken bis in Diakonie und Kirche hinein“, sagt Flad. Er ist seit kurzem neuer Projektleiter der Bundesarbeitsgemeinschaft Kirche und Rechtsextremismus (BAG K+R) in Berlin, der auch der Dortmunder CgR angehört. Den Kirchengemeinden rät Flad dringend an, das immer brisanter werdende Thema Rechtspopulismus zu „diskutieren, diskutieren, diskutieren“.

Christinnen und Christen sollten die Auseinandersetzung jedoch „zivil“ führen, weil „jegliche Polarisierung“ nur der AfD nutze. Die erst 2013 gegründete Partei, der bereits der Einzug in elf Landesparlamente gelungen ist, tritt auch zur NRW-Landtagswahl am 14. Mai an.

Die AfD verbreite „hohe Siegeszuversicht“, meint Flad. Allerdings sei eine gewisse Beruhigung zu beobachten, „seit die Balkan-Route für Flüchtlinge dicht ist“.

Politologe: Rechte Ideen wirken bis in Diakonie und Kirche hinein

In seinem Vortrag im Reinoldinum und der anschließenden Diskussion machte Flad mehrfach klar, dass Rechtsextremismus und Rechtspopulismus nicht vermischt werden sollten. Vor allem die AfD bemühe sich, „jede Nähe zu Rechtsextremisten zu vermeiden“.

In seiner Analyse der intellektuellen Vordenker der Neuen Rechten und der von ihnen herausgegebenen Publikationsorgane wurde allerdings einige Male deutlich, dass es offenbar doch vielfältige Überschneidungen und gegenseitige Befruchtungen gibt.

Als „automatisch antipluralistisch“ bezeichnet Flad rechtspopulistische Bewegungen und Parteien wie Pegida oder AfD. Bezeichnend für sie sei die Attitüde: „Nur wir vertreten das Volk, alle anderen sind Volksverräter.“ Zu Letzteren passt dann nahtlos die „Lügenpresse“.

Durchgängig sei der alarmistische, apokalyptische Tonfall. Schlagworte wie „Merkels letzter Kampf“ oder „Islamisierung Europas“ redeten Endzeitstimmungen herbei. „Pragmatische Fragen“, stellt Henning Flad fest, „werden nicht diskutiert.“

Anders als die „klassische Rechte“, die offen das Grundgesetz in Frage stellt, die Diktatur anstrebt und den Nationalsozialismus wiederbeleben will, knüpft die „Neue Rechte“ an den Konservatismus der 1930er Jahre an.

Mehrheitlich Anhänger des Staatsrechtlers, rechten Vordenkers und NSDAP-Anhängers Carl Schmitt, stehen bei ihren Chefideologen Volk und Nation im Zentrum des politischen Wollens. Es gehe ihnen darum, schlussfolgert Henning Flad, „Begriffe wie ,Umvolkung’ zu platzieren, um so das gesellschaftliche Klima zu beeinflussen“.

Einer der einflussreichsten Stichwortgeber des rechten Spektrums ist der ehemals linke Journalist Jürgen Elsässer, Chefredakteur der in 80.000er Auflage erscheinenden Zeitschrift „Compact“. Deren Anliegen sei es, sagt Flad, „gezielt Wut anzustacheln“. Elsässer rede „Gewalt herbei“, er führe „die Sprache des Krieges“.

Der Bundeskanzlerin werfe er „Hochverrat“ vor, sein „Aufruf an unsere Soldaten“ sei „ein Aufruf zum Putsch“. „Compact“ sieht die biologische Basis des deutschen Volkes gefährdet und behauptet, Deutschland befinde sich in einem „Vorbürgerkrieg“.

Eine Titelseite verkündete in großen Lettern: „ASYL. DAS CHAOS. SO KOMMT DER BÜRGERKRIEG ZU UNS.“ Die vielfach weiterverbreiteten Aufrufe zur „Selbstverteidigung“ hätten, meint Flad, dazu geführt, dass es an der Kasse von Drogeriemärkten jetzt bereits Pfefferspray zu kaufen gebe.

Gesellschaft muss reagieren – Kirche darf nicht neutral sein

Auf diese vielfältigen Erscheinungsformen des Rechtspopulismus und insgesamt der Neuen Rechten müssten „Kirche und Gesellschaft schnell und konsequent reagieren“, forderte der Politologe Henning Flad vor dem Arbeitskreis Christen gegen Rechtsextremismus in Dortmund. „Rassismus und Fremdenfeindlichkeit dürfen nie unangefochten bleiben. Kirche kann und darf gegenüber solchen Tendenzen nicht neutral sein.“

  • www.christen-rechts.de
Foto: Stephan Schütze
„Rechtspopulismus und die Strategien der Neuen Rechten“ lautete der Titel der Veranstaltung des "Arbeitskreises Christen gegen Rechts" mit dem Politologen Henning Flad (3.v.r.) Ende März im Reinoldinum.