Ausstellung „Lebensqualität im Ruhrgebiet – für alle?!“ in St. Petri
„Lebensqualität im Ruhrgebiet – für alle?!“, so heißt die Ausstellung, die bis zum 12. Februar in der Stadtkirche St. Petri zu sehen ist, dienstags bis freitags: 11–17 Uhr, samstags: 10–16 Uhr.
Fragezeichen und Ausrufezeichen im Titel sind bewusst gesetzt. Das Ausrufezeichen drückt die Hoffnung aus, dass alle hier Lebenden die gleiche und gute Lebensqualität haben sollen. Und das Fragezeichen deutet an, dass die Wirklichkeit von dieser Hoffnung weit entfernt ist.
Sofort am Anfang der Ausstellung, auf den ersten Tafeln, wird das deutlich. Sie zeigen beispielsweise, dass ein Bewohner des Stadtbezirks Hombruch, statistisch gesehen 76 Jahre alt wird. Würde er in der Innenstadt Nord wohnen, wären es nur 66 Jahre. Kurz: eine gleiche Lebensqualität gibt es nicht.
Warum das so ist, erklärte Prof. Dr. Claudia Hornberg von der Universität Bielefeld bei der Eröffnung der Ausstellung am 16. Januar: Die sozial schlechter Gestellten, so Prof. Hornberg, seien in ihren Wohngebieten stärker betroffen von Luftschadstoffbelastung und Lärmbelästigung; sie hätten kaum Zugang zu Grünflächen und eine schlechtere ärztliche Versorgung.
Gesundheit liege nicht nur in der Verantwortung des einzelnen. Durch Umweltfaktoren würden Herz-Kreislauf- und Atemwegserkrankungen sowie Schlafstörungen beeinflusst. „Es gibt einen Zusammenhang zwischen Gesundheit und Umwelt sowie sozialer Lage.“
Die Unterschiede in der sozialen Lage schlagen sich, so Prof. Dr. Susanne Frank von der TU Dortmund, räumlich nieder – Stichwort „reicher Süden – armer Norden“. Armut und soziale Ungleichheit, so Prof. Frank, verfestigen und verstärken sich. In Dortmund gebe es Stadtteile, in denen zwei Drittel der Kinder als arm gelten. Das Ruhrgebiet zerfalle in unterschiedliche Lebenswelten.
Die Grafiken, Fotografien und auch Videos der Ausstellung zeigen diese Unterschiede, die das Ruhrgebiet zu einem vielfach geteilten Raum machen, in beeindruckender Weise. Dass die stadtplanerischen Antworten und Aufwertungsbemühungen für benachteiligte Räume oft zu kurz greifen und manchmal das Gegenteil bewirken, illustrieren die Fotografien von Jürgen Evert: Bilder vom Phoenixsee und der Aufwertung Hördes, die in einem marktwirtschaftlichen System auch Negativwirkungen auslösen kann.
Warum wird so eine – politische – Ausstellung in einer Kirche gezeigt? Weil, so Pfarrer Heiner Montanus bei der Eröffnung, es eine politische Dimension des Glaubens gebe. „Sich nicht abfinden mit den herrschenden Verhältnissen, Veränderungen herbeisehnen und prophetische Traditionen aufrechterhalten, die Gott an der Seite der Schwachen sehen.“