Ausstellung und Veranstaltungsreihe „Lebensqualität im Ruhrgebiet - für alle!?“
"Wir entwickeln, wir bauen, wir betreiben." Dieser Schriftzug des am Bauzaun angebrachten Transparents steht im Mittelpunkt des großformatigen Fotos. Im Hintergrund ist der kleine Friseursalon zu sehen, bereits geschlossen. Das Foto ist Teil einer Ausstellung. Sie präsentiert, neben Geografiken des Ruhrgebiets, Fotografien der Abriss- und Bauarbeiten rund um den entstehenden Phoenixsee.
Aus preiswertem Wohnraum sind teure Immobilien geworden. Die Ausstellung zeigt deshalb auch die Verdrängung eines Teils der Bevölkerung, der sich diese Wohnungen nicht mehr leisten kann. "Aus dem Blick des Mieters auf das Stahlwerk ist der Blick des Eigentümers auf den See geworden", so Stadtbaurat a.D. Jürgen Evert, Autor der Fotografien. Und, so kann man ergänzen, aus dem Friseursalon ist ein schickes Café geworden.
Ende Juni ist die Fotoausstellung in der Waschkaue der Kokerei Hansa eröffnet worden. Sie war gleichzeitig Auftakt der Veranstaltungsreihe "Lebensqualität im Ruhrgebiet - für alle?!" Die "kleine, feine Ausstellung", so Pfarrerin Beate Brauckhoff vom Evangelischen Bildungswerk bei der Eröffnung, wolle aufmerksam machen auf die Lebenswelten diesseits und jenseits der A40.
Stichwort: Reicher Süden, armer Norden. "Wer wie ich in Dortmund geboren ist, hat es noch erlebt: die Fackel über Hörde, das Abendrot beim Abstich." Die Schließung von Zechen und Kokereien habe nicht nur das Leben des Einzelnen verändert, sondern auch das ganzer Stadtteile. Karl Jasper, Leitender Ministerialrat, vom Vorstand der Stiftung Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur, knüpfte in seinem Vortrag daran an.
Immerhin sei es, auch gegen Widerstände, gelungen, in vielen Stadtteilen die industriekulturelle Identität zu bewahren. Dazu gehöre auch, den Mut zu haben, "etwas so Absurdes zu denken, wie den See in Hörde." Niemand der Anwesenden sei gegen den Phoenixsee, so VKK-Vorstandsvorsitzender Paul-Gerhard Stamm in seinem geistlichen Impuls. "Doch die Folgen haben wir nicht bedacht." Zwar hatte niemand vor, die Armut zu verdrängen, doch das geschehe. Deshalb wolle die Veranstaltungsreihe auch Themen aufgreifen wie Bildung, Grundeinkommen und Schuldenerlass.
Die Ausstellung ist noch bis 7. Juli in der Waschkaue der Kokerei Hansa zu sehen. Mitveranstalter sind u. a. die Landesregierung NRW, die Technische Universität Dortmund und die Evangelische Kirche.