18.03.2015 // Islamseminar

Religion nicht aus der Öffentlichkeit verbannen

Ums kirchliche Arbeitsrecht und die Beschäftigten anderer Religionszugehörigkeit ging es beim Dortmunder Islamseminar.

Podiumsdiskussion zum Kopftuchverbot in christlichen Krankenhäusern

Im Jahr 2014 wurde einer muslimischen Krankenschwester in einem katholischen Krankenhaus in Dortmund gekündigt, weil sie ihren Dienst nur mit Kopftuch verrichten wollte. In einem ähnlich gelagerten Fall in einem evangelischen Krankenhaus in Bochum entschied sogar das Bundesarbeitsgericht, dass eine entsprechende Kündigung rechtens gewesen sei.

Für das Dortmunder Islamseminar war dies Anlass, Mitte März eine Podiumsdiskussion zum Thema „Das kirchliche Arbeitsrecht und die Beschäftigten anderer Religionszugehörigkeit“ zu veranstalten.

Einen Überblick über die Argumente gegen das Kopftuch lieferte Rainer Schwarz, Vertreter des Katholischen Forums im Trägerkreis des Dortmunder Islamseminars. Sie lauteten unter anderem so: Das Kopftuch verstößt gegen die Loyalitätspflicht. Es macht Werbung für den Islam und stört die Zusammenarbeit in der Dienstgemeinschaft. Ein kirchliches Krankenhaus ist Ort der christlichen Verkündigung. Dabei störe das Kopftuch. Als Einstieg in die Diskussion verwies Schwarz auf das Gegenteil: „Es gibt eben auch christliche Krankenhäuser und Arbeitsbereiche, in denen Kopftücher kein Problem sind“.

„Ich stehe auch nicht für die Kontroverse“, erklärte Georg Birwer, Pfarrer im Pastoralverbund Unna und Mitglied des Verwaltungsrates des Katharinenhospitals Unna. Das Kopftuch zu verbieten, sei im Katharinenhospital keine Praxis. Denn Religionsfreundlichkeit gibt Möglichkeiten, den eigenen Glauben zu leben. „Wir erwarten eine positive Auseinandersetzung mit der Religion, auch mit der anderen.“ Und er ergänzt: Das Arbeitsrecht verlange das Kopftuchverbot nicht zwingend.

Andere Kulturen und Religionen schrittweise mit einzubeziehen, ist für Superintendent Ulf Schlüter wichtig, um den Menschen gerecht zu werden. Es habe keinen Zweck, auf altem Recht zu beharren. Denn als in der Mitte des vergangenen Jahrhunderts das kirchliche Arbeitsrecht definiert wurde, gehörten 95 Prozent der Bevölkerung einer christlichen Kirche an. Mittlerweile sind jedoch nur noch jeweils 29 Prozent der Bevölkerung katholisch oder der evangelisch. 2,5 Prozent sind muslimisch. 37 Prozent dagegen sind ohne Konfession. Und die demografische Entwicklung werde zu Zeiten führen, in denen die Mehrheit der Bevölkerung nicht mehr zu einer christlichen Kirche gehört.

Es wird zum Qualitätsmerkmal werden, sich den Menschen mit anderen kulturellen Hintergründen zu öffnen, so der Superintendent. Auch für Diakonie und Caritas, die als Wohlfahrtsverbände soziale Aufgaben in der Fläche wahrnehmen. Es dürfe zwischen Patienten oder Klienten keine Unterschiede geben. Für alle gälten aus evangelischer und diakonischer Sicht Respekt und Toleranz. Schlüter erinnerte an den Grundsatz Friedrich von Bodelschwinghs: „Dass Ihr mir ja keinen abweist“.

Für den Imam Ahmad Aweimer ist das Kopftuch kein Symbol, sondern ein Kleidungsstück. Zur Erklärung las er aus dem Koran die 24 Sure. Dort geht es um die Kleidung, die den Schmuck der Frau versteckt. Er verstehe nicht, warum sich Kirche und Gesellschaft damit so anstellen. Denn Glaube ist ein Menschenrecht. Warum soll eine Gesellschaft tolerant sein, wenn die, die sie predigen nicht tolerant sind? Das sei den Menschen auf der Straße nicht zu erklären.

„Religionen dürfen nicht aus der Öffentlichkeit verbannt werden“ so der Vertreter des Rates muslimischer Gemeinden in Dortmund. „Die Gesellschaft braucht Toleranz und Nächstenliebe“. Deshalb sind für Aweimer die Aussagen von Superintendent Ulf Schlüter und Pfarrer Georg Birwer ein gutes Signal. „Lassen Sie uns weiter reden, gegen Hass, Vorurteile und Missverständnisse auf beiden Seiten“.

Foto: Stephan Schütze
Beim Dortmunder Islamseminar diskutierten Superintendent Ulf Schlüter, Imam Ahmad Aweimer und Pfarrer Georg Birwer (v.l.) über das Thema „Das kirchliche Arbeitsrecht und die Beschäftigten anderer Religionszugehörigkeit“.