09.02.2017 // Diskussionsveranstaltung

Respekt und Anerkennung

Die Veranstaltung „Rechtspopulismus und Angst vor dem Islam“ ist der Frage nachgegangen, was getan werden kann, um rechten Parolen und Islamfeindlichkeit zu begegnen.

Wissenschaftler und Politiker diskutieren über Rechtspopulismus und Islamfeindlichkeit

Ein Schlusswort wollte der Soziologe Prof. Dr. Wilhelm Heitmeyer nicht halten. Denn „wir sind erst am Anfang“. Am Anfang, die Probleme zu lösen, vielleicht sogar sie zu erkennen.

Die Veranstaltung „Rechtspopulismus und Angst vor dem Islam“ ist der Frage nachgegangen, was getan werden kann, um rechten Parolen und Islamfeindlichkeit zu begegnen.

Zur Überraschung der Einlader – dem Christlich-Islamischen Forum NRW, dem Dortmunder Arbeitskreis gegen Rechtsextremismus und dem Rat der muslimischen Gemeinden Dortmunds – waren deutlich mehr Interessenten als erwartet in die übervolle Abu Bakr Moschee zum Vortrag Heitmeyers und der anschließenden Diskussion mit Politikern gekommen.

Dem Gespräch mit dem Publikum stellten sich Andrea Asch (Die Grünen, Mitglied des Landtages), Nadja Lüders (SPD, Mitglied des Landtages) und Christian Leye (Die Linke, Landessprecher). Trotz Anfragen seitens der Veranstalter waren keine Vertreter von CDU und FDP gekommen.

Den Aufschlag machte Prof. Heitmeyer. „Es gibt eine generelle Ablehnung von Muslimen.“ Zwei Drittel der deutschen Bevölkerung seien der Auffassung, der Islam passe nicht in die westliche Gesellschaft und beinahe die Hälfte beklagt einen zu großen Einfluss des Islam in Deutschland.

„Es gibt die Befürchtung, die deutsche Gesellschaft werde von dem Islam unterwandert.“ Heitmeyer deutete bei diesen Zahlen bereits an, wie sehr die Islamfurcht verknüpft ist mit Ängsten vor dem sozialen Abstieg. Und er machte auch klar, dass aus dieser Grundeinstellung Pegida und AfD ihren Honig sauge.

Umgekehrt gebe es durchaus fundamentalistische Einstellungen bei Muslimen. Mehr als ein Viertel der muslimischen Jugendlichen sei der Auffassung, dass die Durchsetzung des islamischen Glaubens auch Gewalt rechtfertige.

Interessant: umso weniger wird diese Meinung vertreten  je besser die sozialen Chancen und je größer die Perspektiven sind. Heitmeyers Plädoyer: „Das ganze Gerede um Toleranz ist mir zu billig.“ Toleranz sei nur Duldung; es brauche Respekt und Anerkennung. Gebe es die Anerkennung nicht von der Mehrheitsgesellschaft, dann würde sie im fundamentalistischen Glauben gesucht.

Ahmad Aweimer vom Rat der Muslime in Dortmund ist optimistisch. Sowohl was die schwindende Gewaltbereitschaft bei Muslimen als auch Respekt und Anerkennung für sie angeht. Es sei in den letzten Jahren „viel an Aufklärung unter den Muslimen“ gelaufen. Und umgekehrt „haben viele das Gefühl, auf dem Weg der vollen Anerkennung zu sein.“

Nadja Lüders griff in der Diskussion das Argument von Heitmeyer auf, dass in der Bevölkerung das Gefühl der Einflusslosigkeit wachse. „Wir kriegen wir eine Beteiligung an politischen Prozessen organisiert?“ fragte sie.

Für Christian Leye ist klar, dass diese Einflusslosigkeit, dessen Ausdruck die niedrige Wahlbeteiligung gerade in sozial benachteiligten Stadtvierteln ist, ihren „Grund in einer Politik hat, die den Interessen der Bevölkerung entgegenläuft“.

Andrea Asch will zwischen den „harten Rechtsextremen, die man zurückweisen muss“ und denen, „auf die man zugehen soll“ differenzieren. Behilflich sein könnten „gemeinsame Begegnungen, gemeinsame Feiern“.

Dem stimmte Heitmeyer zu. Doch: „Gemeinsames Begegnen alleine reicht nicht. Man braucht gemeinsame Vorhaben, die auch erfolgreich sind.“ Er warnte mit Blick auf den Rechtspopulismus ganz deutlich: „Wir befinden uns zur Zeit in einem Normalisierungsprozess der rechten Positionen.“

Foto: Stephan Schütze
Um antimuslimische und ausländerfeindliche Klischees ging es bei der Veranstaltung in der Abu Bakr Moschee. Unser Foto zeigt Prof. Dr. Wilhelm Heitmeyer bei seinem Vortrag.