20.09.2017

Sehnsucht nach Gott wachhalten

Reformation und Reform, Martin Luther und Papst Franziskus, ökumenische Gemeinsamkeiten und Unterschiede – darüber unterhielten sich Superintendent Ulf Schlüter und Stadtdechant Andreas Coersmeier beim Herbstempfang der Reinoldigilde.

Dialog zwischen Superintendent Ulf Schlüter und Stadtdechant Andreas Coersmeier

„Es ist das erste Mal“, sagte Obermeister Reneé Scheer bei seiner Begrüßung in der Stadtkirche St. Reinoldi, „dass zwei Gildner aus ihren unterschiedlichen Lebensbereichen in den Dialog treten.“

Im Zentrum des Gesprächs standen Voraussetzung, Verlauf und Wirkung der Reformation. „Was auch immer am 31. Oktober 1517 geschehen ist“, so Scheer, „an der Bedeutung der Thesen selbst gibt es keine Zweifel.“ Luther hätte mit diesem „mutigen und selbstlosen“ Vorgehen einen „gigantischen Tsunami“ ausgelöst.

Das 500ste Reformationsjubiläum ist für Superintendent und Meistergildner Schlüter mit einem Prozess der Selbstversicherung und der Auseinandersetzung mit der Reformationsgeschichte verbunden. Doch eine Veränderung erwartet er weder für die Welt noch für die evangelische Kirche. „Es gibt keine neue Erweckungsbewegung.“

Für Propst, Stadtdechant und Meistergildner Coersmeier („Ich fühle mich wohl in dieser ehemaligen katholischen Kirche.“) bleibt es „schmerzlich“, dass es die Trennung der Christen gab und gibt. Deswegen möchte er das Reformationsjubiläum als solches nicht wirklich feiern. „Wenn es etwas zu feiern gibt, dann ist es die Mitte unseres Glaubens, nämlich Christus.“ In diesem Sinne sieht er Martin Luther als „gemeinsamen theologischen Lehrer, der uns hinführt zu Christus.“

Luther selbst, sagte Schlüter, hätte 1522 formuliert, man solle nicht lutherisch, sondern Christ heißen. Auf Schlüters Frage an Coersmeier, ob Papst Franziskus nicht auch ein Reformator sei, gab es eine klare Antwort: Reformator nein, Reformer ja. Franziskus wolle zurück zu den Ursprüngen der Kirche.

Heute, so Coersmeier, gehe es weniger um die konfessionelle Frage, sondern um die Gottesfrage. „Die Sehnsucht nach Gott wachzuhalten, das ist unsere große Aufgabe.“ Sich in der Stadtgesellschaft gemeinsam als Christen aufzustellen, sei, so Schlüter, mit Blick auf den gemeinsamen Auftrag „Suchet der Stadt Bestes“ notwendig. „Wir müssen gemeinsam dafür sorgen, dass in Dortmund Frieden herrscht, Gewalt und Rassismus keinen Platz haben.“

Foto: Stephan Schütze
Beim Herbstempfang der Reinoldigilde in St. Reinoldi sprachen Superintendent Ulf Schlüter und Stadtdechant Andreas Coersmeier über Reformation und Ökumene. Foto: Ev. Kirchenkreis Dortmund