31.08.2016 // Islamseminar

Sollen Muslime Frauen schlagen?

Es gibt auch gute Nachrichten über Muslime, kritisierte Rabeya Müller die derzeit einseitige Berichterstattung in den Medien.

Rabeya Müller referierte im Katholischen Forum in Dortmund

Es gibt auch gute Nachrichten über Muslime, kritisierte Rabeya Müller die derzeit einseitige Berichterstattung in den Medien. Da seien zum Beispiel Eltern, die ihre Töchter aus Beziehungen herausholen, weil ihre Männer sie schlagen.

Die Bildungsreferentin beim Kölner Zentrum für Islamische Frauenforschung und Frauenförderung war jetzt zu Gast im gut gefüllten Saal des Katholischen Forums Dortmund im Propsteihof. Eingeladen hatte sie der Trägerkreis des Dortmunder Islamseminars, eine Initiative der Dortmunder Kirchen und Moscheevereine.

„Muslimas haben sich mittlerweile Selbstbewusstsein erarbeitet“, sagte Müller. In ihrem Vortrag ging sie auf die Sure 4,34 des Korans ein: „Und wenn ihr fürchtet, dass Frauen sich auflehnen, dann vermahnt sie, meidet sie im Ehebett und schlagt sie!“

Klipp und klar steht hier offenbar im Koran, dass Männer ihre Frauen schlagen sollen, wenn Grund zur Annahme besteht, dass sie aufbegehren. Das musste auch die muslimische Frauenförderin Rabeya Müller zugeben: „95 Prozent der Ausleger des Korans übersetzen an dieser Stelle das arabische Wort mit ,schlagen‘“.

Es gehe auch anders, erläuterte die Referentin. So streicht das Zentrum für Islamische Frauenforschung und Frauenförderung das Wort „schlagen“ und macht einen neuen Vorschlag: „Wenn ihr annehmt, dass Frauen einen Vertrauensbruch begehen, besprecht euch mit ihnen, zieht euch aus dem Privatbereich zurück und trennt euch von ihnen.“

Sich von ihnen trennen oder sie schlagen, das ist die Frage. Viel steht auf dem Spiel, egal wie die Antwort ausfällt. Ist der Koran frauenfeindlich oder nicht? Rechtfertigt er Gewalt oder nicht? Stachelt er gar dazu an oder nicht?

Müller verwies auf einen Schöpfungstext. „Den Menschen haben wir in bester Form geschaffen“, stehe da. Es gehe im Koran um den Menschen und nicht um Frau und Mann. Beide seien gleichberechtigt. Im Übrigen wies sie darauf hin, dass der Koran in arabischer Sprache das geoffenbarte Wort Gottes sei. Jede Übersetzung sei schon Interpretation.

Und diese Interpretation müsse dem Geist der ganzen Schrift entsprechen. Der Koran lege den Koran aus. Einzelne Korantexte seien erst zu verstehen durch den Bezug auf andere, sogenannte Referenztexte.

Die anschließende Diskussion zeigte, dass auch die Bibel der Christen nicht immer ganz einfach zu verstehen und zu übersetzen sei. „Wir machen den Fehler, dass unser Verständnis das Nonplusultra und das Gelbe vom Ei ist“, lud Rabeya Müller zu einer Exegese und Auslegung ein, die im Fluss ist.

Die wenigsten Texte seien absolut und grundsätzlich zu verstehen. Übersetzung erfordere, sie zeitlich richtig einzuordnen. Auf jeden Fall gelte: „Die Würde des Menschen ist auch koranisch gesehen nicht antastbar.“

Die nächste Veranstaltung des Dortmunder Islamseminars ist am Mittwoch, 21. September um 19.30 Uhr im Reinoldinum, Schwanenwall 34. Das Thema lautet: „Festmahl am Himmelstisch – wie Mahlfeiern Juden, Christen und Muslime verbindet. Zu Gast ist Karl-Josef Kuschel aus Tübingen, Theologe der Kultur und des interreligiösen Dialogs.

Foto: Stephan Schütze
Sprachen über Geschlechtergerechtigkeit im Islam: Sophie Niehaus vom Evangelischen Bildungswerk, Referentin Rabeya Müller und Ulrike Hoppe, Vertreterin des Katholischen Forums (v. l. n. r.).