Dortmunder Schulreferat beim Lehrerinnen- und Lehrertag
Zum 3. Mal hatte die Evangelische Kirche von Westfalen Ende September zum Tag für Lehrerinnen und Lehrer eingeladen nach Dortmund eingeladen. Am Nachmittag fanden zahlreiche Workshops für die 1000 Teilnehmer in der Innenstadt statt. Mit Angeboten zur Spiritualität und zu interreligiösen Unterricht punktete das Dortmunder Schulreferat.
Verschiedenheit achten – Gemeinschaft stärken
Conca Aydin und Burkhard Rosskothen verkörpern den Ansatz konsequent: Er, katholischer Religionslehrer, Sie, islamische Theologin, beide Verfechter eines bekenntnisorientierten Unterrichtes. Ein „interreligiöser“ Unterricht, der sich auf Religionskunde reduziert, ist nicht ihr Ideal.
Gemeinsam mit der evangelischen Berufsschulpfarrerin Carolin Simon-Winter haben sie ein Curriculum entwickelt, das aus der Perspektive der einzelnen Religionen/Konfessionen relevante Themen des Religions- und Ethikunterrichtes aufgreift.
In vier parallelen Lerngruppen erarbeiten die Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufe 11 des Theodor-Heuss-Berufskollegs Offenbach die Themen, haben dabei aber stets die Möglichkeit, die authentische Vertreterin der jeweiligen Religion als Experte zu Rate zu ziehen.
Gestartet als Projekt an einer Schule, deren Schülerschaft zu 70% Migrationshintergrund hat, ist „Verschiedenheit achten – Gemeinschaft stärken“ zu einem vielbeachteten Modell geworden. Es wurde mit dem Hildegard-Hamm-Brücher-Preis sowie dem Integrationspreis der Stadt Offenbach ausgezeichnet. Auf die Frage nach den notwendigen Rahmenbedingungen antwortet Burkhard Rosskothen: Einfach anfangen!
Das Lehrerteam der evangelischen Gesamtschule Gelsenkirchen hat Feuer gefangen: Die Vertreterinnen dreier Religionen/Konfessionen zeigen sich entschlossen, ein vergleichbares Projekt zu initiieren. Alles neu entwickeln, müssen sie nicht: Die einzelnen Module sind auf der Homepage: achtenundstaerken.wordpress.com zu finden.
Glauben in Bewegung bringen
Viel zu kopflastig. Das wird dem evangelischen Glauben gerne vorgehalten. Glauben in Bewegung zu bringen versprach der Workshop „Tai Chi trifft christliche Spiritualität“. Referent und Tai Chi-Lehrer Michael Thiedig hat mit der chinesischen Bewegungslehre vor 14 Jahren begonnen. Er entdeckte in den symbolischen Bewegungen wesentliche Inhalte seines christlichen Glaubens.
Seitdem bietet er regelmäßig achtwöchige Kurse in Gemeinden an. Schulreferentin Ina Bierbrodt konnte ihn für eine Schnupperstunde beim Lehrertag 2014 gewinnen.
Im Chorraum der Marienkirche erwartet die Teilnehmende Meditationsmusik. „ Am besten gleich praktisch loslegen“, wünschen sie sich nach einem Vormittag mit Andacht, Vortrag und Podiumsgesprächen. Die Stühle werden zur Seite gerückt. Stehen ist die erste Aufgabe. Der Scheitelpunkt ist wie von einem Seidenfaden gehalten. Hals und Nacken entspannen sich, der Rücken richtet sich auf. Die Füße verwurzeln sich in den Boden. Wie an einer Perlenschnur reihen sich die Gelenke zu einer stabilen und entspannten Haltung.
Michael Thiedig führt in eine erste Bewegung ein. Die Hände fließen in Zeitlupe empor, drehen sich in Schulterhöhe, sinken wieder. Er zeigt dazu ein Bild von einem Keimling, der sich noch nicht ganz von der schützenden Schale befreit hat. „Wir lassen los, was unsere Entfaltung hemmt.“ Die schlichte Bewegungsfolge verwandelt sich spielerisch in eine achtsame Übung. Jeder sucht sich einen Platz im Kirchraum, spürt mit geschlossenen Augen den eigenen Lasten nach, gibt sie mit der Bewegung ab.
„Wir gleichen oft einem Mensch, der mit geschlossenen Augen um eine Litfaßsäule läuft. Er fühlt sich gefangen. Wenn er nur einen Schritt zur Seite ginge, wäre der Weg frei“, vertieft Thiedig die Übung. Die natürlichen Bewegungen gleichen mehr und mehr einem gelassenem Tanz. Eine biblische Meditation rundet den Workshop ab. Die zehn Teilnehmenden sind sichtlich begeistert von dem Schnupperkurs. „Ich bin entspannt, aber der Kopf ist klar und frei“, stimmen sie überein.
Andrea Auras-Reiffen und Kerstin Hanke