25.08.2023

Stadtkirche St. Petri ist endlich wieder für alle geöffnet

Erste Besucher begeistert vom Ergebnis der Innensanierung. Führungen und Veranstaltungen geplant

Von Carmen Möller-Sendler

Wer den Dortmunder Hauptbahnhof in Richtung City verlässt, kann ihren Turm schon sehen: Hoch oben auf dem Westenhellweg thront die Stadtkirche St. Petri, vor ziemlich genau 700 Jahren erbaut, weil es nebenan in St. Reinoldi für die wachsende Stadtbevölkerung zu eng wurde. Überquert man den Ring und steigt die Treppe zur Innenstadt hoch, läuft man direkt darauf zu. An diesem besonderen Abend stauen sich die Menschen vor dem seit Monaten verschlossenen Portal, künden bunte Luftballontrauben und festliche Posaunenklänge vom freudigen Ereignis, während Stadtkirchenpfarrerin Christel Schürmann sich ihren Weg durch die wartende Menge bahnt: „Wie eröffnen Protestanten eine Kirche?“, ruft sie fröhlich den Umstehenden zu: „Sie singen die Tür auf!“, gibt sie das Zeichen zum gemeinsamen Lied. „Tut mir auf die schöne Pforte, führt in Gottes Haus mich ein; ach, wie wird an diesem Orte meine Seele fröhlich sein!“  Dann öffnet Petriküster Miltiadis Pataridis tatsächlich die Tür, und noch immer singend ziehen die Menschen ein ins frisch renovierte Gotteshaus. Der erste Gedanke: „Das riecht ja so neu!“ Der zweite: „So hell und geräumig, wie schön!“

Vieles stammte noch vom Wiederaufbau

„Ein einziges Wort: Danke! Und darunter müssten jetzt Hunderte Namen stehen“, sagt Christel Schürmann, als sie vor den Eröffnungsgästen die liebevolle Rundumerneuerung des Kirchenraumes Revue passieren lässt. Im Jahr 1322 erbaut, wurde St. Petri 1943 bei einem Luftangriff zerstört und in den Sechzigern im alten gotischen Stil wieder aufgebaut. Die Hängelampen stammten noch aus dieser Zeit, vieles andere auch. „Sieht ein bisschen verkommen aus, da müssen wir mal was tun“, zitiert die Stadtkirchenpfarrerin Thomas Schlicht von der Bauabteilung des Kirchenkreises, als er vor zwei Jahren die Aufgabe erstmals in Augenschein nahm.

Dezentes Understatement, wie sich herausstellen sollte: Von April 2022 bis zum 23. August 2023 war Sankt Petri für die Innensanierung geschlossen; Beleuchtung und Elektrik wurden erneuert, Kirchenraum und Sakristei gestrichen, auch der Parkettboden musste aufgenommen werden, um unzählige neue Kabel zu verlegen. Für Architektin Dörte Jütte ist das eine Herzensaufgabe geworden. Sie hat vor anderthalb Jahren die Projektleitung übernommen „und sehr schnell hätte ich sie auch mit Gewalt nicht mehr abgegeben“, sagt sie lächelnd und dankt für die gute, vertrauensvolle Zusammenarbeit – auch als im Deckengewölbe unerwartete Asbestfunde auftauchten, die die Bauzeit um mehrere Monate verlängerten, habe niemand die Ruhe verloren. Überhaupt, Ruhe – die meditative Arbeitsweise der Restauratorinnen und ihre innere Gelassenheit werden ihr in bleibender Erinnerung bleiben, sagt die Architektin.

Auch Prof. Michael Schwarz vom Architektur- und Stadtplanungsbüro Spital, Frenking und Schwarz, zuständig fürs Gesamtkonzept, zeigt sich beeindruckt von der guten Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen vom Kirchenkreis: „Die Art des Austauschs gehört für mich zu den Wesensmerkmalen dieses Projektes – Handwerker zähle ich mit in den Kreis. Dieses Miteinander-vertraut-Sein ist nicht üblich bei Projekten der öffentlichen Hand.“

Einzigartiges Lichtkonzept

Wohl am kritischsten beäugt wurde anfangs Maximilian Piltz, der Lichtdesigner, der es wagte, die alten Pendelleuchten abschaffen zu wollen und stattdessen ein einzigartiges Lichtkonzept schuf. Um es zu regeln, lassen sich nun 524 einzelne Adressen ansteuern, was auf der gotisch-modernen Projektionsfläche unendliche Variationen ermöglicht. „Es gibt nur wenige Kirchenräume, die so puristisch sind“, lobt der Lichtplaner. Sechs unterschiedliche Sonderleuchten-Arten sind entstanden, und keine davon gibt es sonst irgendwo – angefangen bei den unscheinbaren Bodenleuchten, die jeden einzelnen Gewölbebogen in ein farbig schattiertes Wunderwerk verwandeln können, bis hin zu den neuartigen Ringleuchten, die um die Säulenkapitelle zu schweben scheinen.

Kirche ist nicht fremd geworden

Zentrales Element ist nach wie vor das Goldene Wunder, jener geschnitzte 500 Jahre alte Antwerpener Flügelaltar, der vorhin beim Hereinkommen noch die bunte Bilderseite für den Alltag zeigte. Plötzlich brandet Beifall auf: Die Wandlung ist vollzogen, und nun ist die goldene Prunkseite mit der Kreuzigungsszene ist zu sehen. „Wir bitten um Segen für all die, die in der Sanierungsphase tätig waren, damit aus dieser Kirche ein so wunderbar strahlender und aussagekräftiger Raum werden konnte“, betet Dortmunds Superintendentin Heike Proske: „Pfarrerin und Küster, Sekretariat und Leitungsausschuss, Architekt*innen und Bausachverständige unseres Kreiskirchenamtes, Elektriker und Denkmalschützer, Kunsthistoriker*innen und Glasreinigungs-Kletter*innen, Kirchenführer*innen und Menschen mit Ideen … und all die, die ich jetzt vergessen habe. Wir bitten um Segen für all die, die diese Kirche betreten werden: Gottesdienstbesucher*innen und Caterer, Feiernde und Weinende, Bittende und Dankende, Tourist*innen und in Petri Beheimatete, Handwerker und Wohnungslose, Ausstellende und Diskutierende, Suchende und Gleichgültige.“

„Am glücklichsten bin ich, dass mir die Kirche nicht fremd geworden ist“, sagt Wolfgang Hartwich vom Präsenzdienst, der gemeinsam mit anderen ehrenamtlich Mitarbeitenden dafür sorgt, dass die Türen täglich geöffnet sind. „Also, wenn Sie mal wieder in der Nähe sind und sich alles in Ruhe ansehen möchten – kommen Sie einfach rein!“

Öffnungszeiten

  • Dienstags bis freitags von 11 bis 17 Uhr,
  • samstags von 10 bis 16 Uhr und
  • sonntags je nach Veranstaltung.
     
  • Zum Programm gehören Kirchenführungen, Feministische Gottesdienste, Lesungen, Konzerte
    und immer freitags von 13 bis 14 Uhr die Musik am Mittag.
  • Zum Tag des offenen Denkmals am
    Sonntag, 10. September, finden um 12.30 und 14 Uhr Kirchenführungen statt.
  • Bei der Museumsnacht am 23. September gibt es Konzerte.
     
  • Das gesamte Programm gibt es auf www.sankt-petri-do.de.
Foto: Stephan Schütze
Endlich: Stadtkirchenküster Miltiadis Pataridis öffnet nach fast zweijähriger Bauphase das Petri-Portal wieder für die Öffentlichkeit.
Foto: Stephan Schütze