Das zweite Dortmunder Frauenmahl in St. Petri ergründete Chancen und Grenzen der Toleranz
„Zumutung Toleranz“ lautete das Motto des zweiten Dortmunder Frauenmahls in der St. Petri-Kirche. Zumindest der Rahmen war mehr als zumutbar: an zwei festlich eingedeckten Tafeln hatten 120 Frauen Platz genommen. Schirmherrin des Abends sei die Heilige Emerentia, „Urgroßmutter Jesu“, betonte Stadtkirchenpfarrerin Barbara von Bremen. Sie sei auf einer der Bildtafeln des Altars „Goldenes Wunder“ beim Schmausen eines Festmahls abgebildet.
Zwischen Petersilienwurzelsuppe und Pilzpfanne unterhielt die Schauspielerin Veronika Nickl mit Liedern von Georg Kreisler und Texten von Elfriede Jelinek.
„Toleranz bedeutet, etwas nicht gut zu finden, doch den Menschen dahinter zu respektieren“, definierte Sabine Federmann von der Evangelischen Akademie Villigst. Sie erläuterte das am Beispiel eines orthodoxen Juden bei einem Klezmerworkshop, der Frauen nicht die Hand gab, weil sie möglicherweise „unrein“ seien. „Das Frauenbild kann ich nicht akzeptieren, aber den Menschen dahinter.“
Um die Grenzen der Toleranz ging es auch bei den Tischreden zwischen den Gängen des vegetarischen Menüs. Claudia Luzar, Leiterin der Beratungsstelle „back up“ für Opfer rechter Gewalt, warb um Anerkennung für die Opfer. Der Toleranzbegriff sei im Zusammenhang mit rechtsextremer Gewalt wenig anwendbar.
Die philippinische Theologin Joy de la Crux berichtete über ihre Erfahrungen in Deutschland. Die Ausländerbehörde machte ihr zeitweise das Leben schwer. Mehr noch verwunderte sie, dass das Landeskirchenamt eine Übernahme als Pfarrerin ablehnte, obwohl sie zur philippinischen Partnerkirche gehört. Schließlich übernahm sie ehrenamtlich einen Auftrag in der Krankenhausseelsorge, wurde aber nicht zu den Pfarrkonferenzen eingeladen, weil sie keine reguläre Anstellung hat. „Aufgeschlossenheit und Respekt“ wünschte sie sich als Grundlage für ein tolerantes Zusammenleben.
Naciye Kamcili-Yildiz, Lehrerin und Religionspädagogin, beleuchtete das Verständnis von Toleranz im Islam. Tatsächlich gebe es keinen vergleichbaren Begriff im Arabischen oder Persischen, so die Muslimin. Die Toleranz in Europa gehe auf die Aufklärung zurück. Bei seiner Gründung sei der Islam eine weltoffene Religion gewesen. „Euch euer Glaube, mir mein Glaube“ laute ein Vers aus dem Koran. Mit Christen und Juden als verwandte Religion fordere dieser einen respektvollen Umgang ein. Die Realität sei inzwischen eine andere. Nicht nur Christen würden im arabischen Raum verfolgt, sondern auch Muslime, die ihren Glauben anders auslegen als erwünscht. Augen zwinkernd schloss sie: „Vielleicht brauchen die Muslime eine 68er-Bewegung!“
- Jahresthema 2013: Gottesfarben - Toleranz in Dortmund und Lünen