Gesamttagung für Kindergottesdienst in Dortmund
Wer Gottesdienste mit Kindern feiert, weiß wie bunt, kreativ und fantasievoll diese gestaltet sind. Über Trends, neue Gestaltungsmöglichkeiten, frische Ideen, Hilfsmittel und Lieder haben sich Ende Mai rund 2500 Menschen in Dortmund ausgetauscht.
„DORT wird unser MUND voll Lachens sein“ versprach das Motto der Gesamttagung für Kindergottesdienst in der EKD. Und die Organisatoren hielten Wort.
Dortmund und die Dortmunder Gemeinden waren nicht nur Gastgeberinnen, sondern haben aktiv das Programm mitgestaltet. Wir haben einige Programmpunkte besucht.
Politisches Signal am Samstag
Der Kindergottesdienst ist „wertvolle Arbeit“, so OB Ullrich Sierau beim „Politischen Signal“ vor der Stadtkirche St. Reinoldi. Die Mitarbeitenden beim Kindergottesdienst übernähmen Verantwortung und vermittelten Werte. „Wer seine eigene Identität und Religion kennt, ist dialogfähig mit anderen, das ist ein wichtiger Baustein im Leben“. Als gut funktionierendes Beispiel nennt er den interreligiösen Dialog in Dortmund.
In Familien mit schlechtem sozialem Umfeld sei es um Kinderrechte nicht gut bestellt, erinnert Sierau. Dort gehe es zunächst um das Dach über dem Kopf oder die Gesundheitsvorsorge. Deshalb müssen die Städte existenzielle Dinge organisieren. Dafür bräuchte es entsprechende finanzielle Mittel. „Sonst gibt es für viele Kinder einen Fehlstart ins Leben, der uns als Gesellschaft teuer zu stehen kommt“, mahnt Sierau.
Fernsehmoderator Ralph Caspers von der „Sendung mit der Maus“ unterstreicht beim Politischen Signal das Recht der Kinder auf spirituelle Entwicklung. „Kinder gehen offen und unbefangen auf die Dinge zu. Sie haben Fragen und sie haben ein Recht auf ehrliche Antworten“, sagt Caspers.
Der Kindergottesdienst könne Antworten geben „über das Sichtbare und Messbare hinaus“. Das würde helfen, die Persönlichkeit der Kinder zu entwickeln. Es bedeute aber auch, ihre Entscheidung für oder gegen Religion zu akzeptieren.
Der Kindergottesdienst leiste einen unverwechselbaren Beitrag für das Recht der Kinder auf Religion. Das betont Albert Henz, Vizepräsident der Evangelischen Kirche von Westfalen. „Kinder werden in der Kirche nicht irgendwie bespaßt, sondern als eigenständige Menschen ernst genommen – mit ihren jeweiligen Lebens- und Gotteserfahrungen.“
Erzählung aus dem Wüstensack
Die Stühle knarzen. Ansonsten ist es im Klassenraum des Fritz-Henssler-Berufskollegs mucksmäuschenstill. Sechs Augenpaare folgen gebannt der Erzählung aus dem Wüstensack.
Pfarrerin Beate Brauckhoff hockt auf dem Boden, vor ihr eine glatte Fläche Sand. Die wichtigen biblischen Geschichte passieren in der Wüste. Brauckhoff erzählt lebendig von Sarah und Abraham auf ihrer Suche nach Heimat.
Sie benutzt nur wenige Requisiten. Eine blaue Schnurr wird zum Fluss, ein Holzklotz zu einer Hütte. Holzfiguren stapfen durch den Sand, hinterlassen Spuren. Schon nach wenigen Minuten hat sich die glatte Spielfläche in eine plastische Landschaft verwandelt.
„Godly Play“ nennt sich diese Erzählweise, in der Sprache, Sand und wenige Gesten die Zuhörenden in die Geschichte einsaugen. Beate Brauckhoff ist verantwortlich für religionspädagogische Fortbildungen im Elementar- und Primarbereich. Regelmäßig beobachtet sie in der Schule oder im Kindergottesdienst, dass Erwachsene genauso fasziniert werden wie die Kinder, wenn der Wüstensand ins Spiel kommt.
Gerade in Klassen mit christlichen und muslimischen Kindern helfen die „Geschichten aus dem Wüstensack“ die eigenen und die anderen Glaubensgeschichten zu verstehen. Die religiösen „Helden“ gehören zu beide Traditionen. Es gibt Gemeinsamkeiten und Unterschiede. Es ist nur eine Handbewegung nötig, dann ist der Sand wieder glatt. Und die Geschichte kann aus einem anderen Blickwinkel neu erzählt werden.
Besonders begehrt ist Gott
Die Heliandkirche liegt direkt am Ruhrschnellweg. Die Kirchentüren sind weit geöffnet. Auf dem Kirchplatz wuseln Kinder und Erwachsene durcheinander. Auf den ersten Blick wirkt das planlos. Alle feilen, sägen, hämmern, kleben, malen irgendetwas.
Aber hinter dem bunten Treiben ist schnell eine Ordnung erkennbar. Hier entstehen Stabpuppen. Einige Menschen, Tiere und wichtige Accessoires wie der Regenbogen sind schon fertig. Sie stecken aufgereiht hinter den Bastelnden, als wären sie das Publikum.
Das Team der Heliandgemeinde hat schon seit Jahren die Idee der Stabpuppen aufgegriffen. So können schon sehr kleine Kinder den Geschichten folgen. Wichtig ist auch das Teamwork. Die Eltern sind nicht nur Zuschauer, sie gestalten mit. Sie lesen die Geschichte mit verteilten Rollen vor, die Mitarbeitenden bewegen die Stabpuppen. Daraus entsteht ein lebendiger Gottesdienst für Groß und Klein.
„Besonders begehrt ist Rolle von Gott“, erzählt Pfarrerin Leonie Grüning. Sie ist die wichtigste Rolle, aber dazu gibt es keine Stabpuppe, sondern nur die Stimme. Im Workshop sitzen Gäste aus Berlin, Hamburg und Kiel.
Als nach zwei Stunden die Stabpuppen fertig bemalt sind, gibt es die erste Premiere. Ein Gottesdienst zur Pfingstgeschichte, in der eine Wolke mit Feuerzungen eine tragende Rolle übernimmt. Alle sind begeistert bei der Sache. Einziger Wehmutstropfen, in dieser Geschichte kommt Gott als eigene Stimme nicht vor.