„Das ist ganz schön kompliziert“ gab Prof. Dr. Klaus von Stosch gegen Ende seines Vortrags zu. Was er den knapp 30 Anwesenden, Christen und Muslimen, bei der Veranstaltung des Dortmunder Islamseminars Ende Mai anbot, war tatsächlich schwere Kost.
Prof. Stosch ist Lehrstuhlinhaber für katholische Theologie und Vorsitzender des Zentrums für Komparative Theologie und Kulturwissenschaften an der Universität Paderborn. In der Abu-Bakr-Moschee referierte er zum Thema „Von der Toleranz zum Miteinander“. Die Quintessenz stellte er dem Publikum gleich zu Anfang dar: „Es geht darum, aus der eigenen Tradition heraus in den Dialog und zum Miteinander zu kommen.“
Hört sich leicht an, doch der Teufel steckt im Detail. Ein Miteinander verschiedener Kulturen, gegenseitige Würde und Wertschätzung seien im Alltag leicht, in der Theologie schwer. Denn alle drei abrahamitischen Religionen, so Stosch, würden nämlich „die letztverbindliche Offenbarung von Gottes Willen bezeugen“.
Diese absolute Wahrheit, die jede der Religionen für sich beanspruche, stünde der angestrebten Vielfalt konträr gegenüber. „Wie kann ich nach Wahrheit suchen und doch die Vielfalt würdigen?“, fragte Stosch. Seine Antwort: Das könne man nur dann erreichen, wenn man die eigene Wahrheit so durchdenkt, dass es gelingt, den anderen mit Wertschätzung zu begegnen.
Es gehe nicht darum, zu behaupten, dass „alle Religionen irgendwie Recht haben“. Vielmehr solle man sich in die jeweils „andere religiöse Tradition“ hineindenken, ohne sie zu übernehmen. Stosch: „Der Versuch, dem anderen nahe zu kommen, ihn zu verstehen, führt mich auch an die eigenen Abgründe.“
An der Universität Paderborn, so eines seiner Beispiele, müsse man beim Studium der katholischen oder evangelischen Theologie auch islamische Theologie studieren – und umgekehrt. Das habe, so ein weiteres Beispiel, dazu geführt, dass eine Muslima bisher bei der Prüfung in der Trinitätslehre am besten abgeschnitten hatte.
„Den anderen zu verstehen und zu würdigen, hilft ungemein, ins Eigene vorzustoßen.“ In diesem Sinne gab es ein Lob für das Islamseminar, das genau dies mit dem „Interreligiösen Gebet“ mache.
Seine Aufforderung an die Vertreter der verschiedenen Religionen: „Es braucht Christen und Muslime, die das widerständige Potenzial ihrer Religion einsetzen, damit die Welt besser wird.“ ubi