16.09.2024

Wahr-Zeichen. Zeitzeugen der Geschichte

Besonderer Blick hinter die Kulissen beim Tag des offenen Denkmals

Wenn sie sprechen könnten – welche Geschichten würden wohl die zahlreichen Denkmäler erzählen, an denen wir alltags so oft gedankenlos vorbeigehen? Am „Tag des offenen Denkmals“ koordiniert die Deutsche Stiftung Denkmalpflege alljährlich Aktionen, mit denen die oft Jahrhunderte alten Bauwerke ins Bewusstsein geholt werden sollen. Auch Gemeinden aus dem Evangelischen Kirchenkreis Dortmund öffneten darum am ersten September-Wochenende ihre Tore und Türen; kompetente Ansprechpartner*innen sorgten dafür, dass die Besucherinnen und Besucher kompetente Ansprechpartner*innen hatten.

Hier ein paar Einblicke aus der Verheißungskirche der Miriam-Gemeinde, von der Wandlung des Goldenen Wunders in Sankt Petri und aus der urkundlich ältesten Kirche Dortmunds, St. Peter zu Syburg …

Kirche und frühgotischer Turm locken die Besucher auf der Syburg

Seit 1995 beteiligt sich St. Peter zu Syburg regelmäßig am europaweiten Tag des offenen Denkmals. Auch in diesem Jahr öffneten die Mitglieder des Fördervereins Kirche St. Peter zu Syburg in der Zeit von 12 bis 17 Uhr wieder die Kirchpforte der urkundlich ältesten Kirche Westfalens. Rund 100 Besucher nahmen die Gelegenheit wahr und erkundeten die Kirche und ihre besondere Geschichte. Im Mittelpunkt des Interesses stand wie jedes Jahr die Begehung des frühgotischen Kirchturmes, der vor allem auch bei Kindern immer gut ankommt.

„Es ist immer wieder beeindruckend, wie sehr sich die Menschen freuen, wenn St. Peter geöffnet hat“, resümiert Martin Grohmann, Vorsitzender des Fördervereins. Die meisten Besucher haben sich an diesem Tag vorab informiert, welche offenen Denkmäler sie an diesem Tag besichtigen wollen. „Dadurch, dass sich die Besucher gezielt vorgenommen haben, St. Peter zu besichtigen, ist die Aufmerksamkeit und das Interesse an der Kirche und ihrer Geschichte auch besonders hoch“, freuen sich Grohmann und seine Mitstreiter, die schon wieder auf den Denkmalstag im kommenden Jahr schauen.

Das Goldene Wunder erstrahlt wieder in voller Pracht in Sankt Petri

Dass am Tag des offenen Denkmals der Antwerpener Flügelaltar von 1521 in der Ev. Stadtkirche Sankt Petri gewandelt wird, ist ein besonderes Highlight, zu dem sich etwa dreißig Menschen versammelt haben. Christel Botterbusch bietet seit vielen Jahren Kirchenführungen in der Dortmunder Stadtkirche an. Doch zum Tag des offenen Denkmals gibt es einen besonderen Anlass: Der große Flügelaltar soll von der Gemäldeseite auf die Goldseite geklappt werden.

Seit 1806 befindet sich das Altarretabel, der ursprünglich für das Dortmunder Franziskanerkloster geschaffen wurde, in Sankt Petri. „Zwei Klappungen können hier vorgenommen werden“, erläutert Christel Botterbusch. „Der geschlossene Zustand zeigt die Eucharistie. Bei den Franziskanern war dies die Alltagsseite. Heute ist sie nur um die Passionszeit vor Ostern zu sehen.“ Die Gemäldeseite mit Bildern von Adriaen van Overbeck, die über den Sommer geöffnet war, zeigt Szenen aus dem Leben der Frauen aus der Genealogie Jesu: Maria, Anna und Emerentia, seiner Urgroßmutter.

Dann wird es still in der Kirche: Mithilfe von einem langen Stab, der an Ösen am Altar einrasten kann, bewegt Sabine Zurek die Altarflügel, die Küster Miltiadis Pataridis vorsichtig entgegennimmt.

Erst wird auf den geschlossenen Zustand gewandelt. Und dann erscheint Stück für Stück die Goldseite mit den vielen Gefachen und beinahe unzähligen vergoldeten Schnitzfiguren. Zunächst die Predella, der untere Teil des Altarretabels: Hier wird die Kreuzauffindung mit Szenen aus dem Leben der Helena, der Mutter Konstantins des Großen, thematisiert. Dann werden die Gefache der großen Flügel sichtbar.

Wie ein Wimmelbild – so mag es einem zunächst erscheinen. „Wir sehen hier die Passionsseite mit Geschichten aus dem Leben Jesu“, erklärt Christel Botterbusch und zeigt, wie die einzelnen Szenen angeordnet sind: Zuerst schaut man von oben nach unten und dann wieder von unten nach oben und wieder zurück, bis ganz unten rechts die Erzählung von Leiden und Inkarnation Christi mit der Darstellung des Pfingstwunders endet. Die zentrale Szene im Altar ist aber die Kreuzigung.

Mit Ihr verbindet sich die Hoffnung auf die Auferstehung. Der auf der linken Seite gezeigte Leidensweg Jesu endet hier, die auf der rechten Seite veranschaulichten Geschichten Christi nach der Inkarnation wären ohne sie nicht denkbar. Unter der Kreuzigung ist die Gregorsmesse zu sehen, die zu damaliger Zeit eine beliebte Darstellung war und die Thematik der Kreuzigung mit der Eucharistie verbindet. Darunter wiederum eine Mariendarstellung unter einem Halbbogen, in dem sich in feinster Schnitzerei und von weitem kaum erkennbar die Sieben Schmerzen Mariens verstecken.

Wer mochte, trat die Chorstufen hinauf bis vor die große Glaswand, um das Goldene Wunder aus der Nähe zu bestaunen. Bis der Altar wieder im Frühling gewandelt wird, gibt es noch viele Gelegenheiten hierzu.

Die Kirchenführung mit Altarklappung endet mit einem Applaus: Für die Erläuterungen, das Fingerspitzengefühl beim Klappen – und für den Altar.

Wie wohnt es sich im Miriam-Kirchturm?

Zum ersten Mal nahm die Ev. Miriam-Kirchengemeinde mit ihrer Verheißungskirche am Tag des offenen Denkmals teil. Insgesamt 35 Personen besuchten die Kirche und nutzen die Gelegenheit, sich einfach mal in der Kirche umzuschauen, oder auch sich ganz gezielt über dem Umgang mit Elementen „der neuen Sachlichkeit" bei Renovierungen zu informieren oder etwas über die Geschichte der Kirche samt Kirchsaal, aber auch die Wohnung und das Gemeindebüro im Kirchturm und über den Gemeindesaal im Kontext von Stadtteilgeschichte zu erfahren.

Eine kleine Auswahl historischer Fotos zeigten den Weg vom Glockenguss in Sinn (bei Gießen) bis zum Hochziehen der Glocken am Turm und ihrem Ort in der Glockenstube und die Ansichten des Kirchraums in früheren Jahren incl. ehemaligem Kreuz und Taufstein.

Foto: Stephan Schütze
Das Goldene Wunder erstrahlt wieder in voller Pracht in Sankt Petri.
Foto: Stephan Schütze