25.08.2020

Wenn Sexismus und Rassismus Hand in Hand gehen

Über die Instrumentalisierung feministischer Themen durch Rechtspopulist*innen

Das Thema des Abends ist kompliziert. Damit stellte Anna Schiff die Zuhörerinnen und (wenn auch sehr wenige) Zuhörer auf eine differenzierte Auseinandersetzung ein. Denn für einfache Darstellungen ließen Thema und Referentin keinen Raum.

‚Die Instrumentalisierung feministischer Themen durch Rechtspopulist*innen‘ stand auf dem Programm der Veranstaltung, zu der die Arbeitsgemeinschaft Dortmunder Frauenverbände, Evangelischer Kirchenkreis, Evangelisches Erwachsenenbildungswerk, DGB, vhs, Dortmunder Forum Frau & Wirtschaft und Gleichstellungsbüro gemeinsam in die Stadtkirche St. Petri eingeladen hatten.

78 Plätze konnte die Stadtkirche unter Corona-Auflagen fassen, weit mehr hätten besetzt werden können. Denn das Interesse an der Veranstaltung war groß. „Das macht Mut, dass doch viele Leute politisch interessiert sind“, freute sich Petri-Pfarrerin Christel Schürmann, die als Hausherrin das Auditorium begrüßte.

Es gehe ihr darum zu sensibilisieren und Wissenschaft verständlich zu machen, sagt Anna Schiff. Die Geschlechterforscherin, Autorin eines Basiswissen-Buches zum ‚Sexismus‘, skizzierte in ihrem Vortrag insbesondere Schnittstellen zwischen nachvollziehbarer kritischer Auseinandersetzung und deren Vereinnahmung zu politischen Zwecken, insbesondere aus rechtspopulistischer Motivation.

Deutlich machte die Referentin dieses Spannungsfeld vor allem an dem vermeintlichen Gegensatz von Frauenrechten und Islam. Hier postulierten rechtspopulistische Gruppierungen wie die AfD oder die Identitäre Bewegung vehement den Schutz von Frauen. Stets aber formulierten sie Frauenrechtsansinnen allein in Verbindung mit dem Feindbild Islam und begründeten damit ihre ausländerfeindlichen Thesen.

Dabei operierten die Gruppierungen mit dem Ansprechen von Gefühlen, mit skandalisierenden Darstellungen und klar umrissenen Feindbildern. Zu Lösungsansätzen böten sie Klischees an, eine eindeutige ‚Law and order‘-Strategie und das Idealbild des starken beschützenden Mannes.

„Hier gehen Sexismus und Rassismus Hand in Hand“, beschrieb Anna Schiff das Vorgehen im Rechtspopulismus. Auch in der Vergangenheit ließen sich vergleichbare Zusammenhänge beschreiben, etwa in Zeiten des Kolonialismus., In afrikanischen Kolonien etwa herrschte, das Bild der weißen Frau vor, die in traditionellem Rollenbild zu agieren habe, das jedoch gleichzeitig deren Herrschaftsanspruch gegenüber Angehörigen anderer Volksgruppen begründete.

Begegnen könne man den Vereinnahmungen von rechts nur mit wachsamer Aufmerksamkeit und differenzierter Betrachtung, so die Geschlechterforscherin. Große Bedeutung komme dem bewussten Einsatz von Sprache zu. Es gelte, einer einseitigen, klischeehaften Darstellung keinen narrativen Raum zu geben, etwa wenn es um die Vermittlung von Frauenbildern gehe, die Beschreibung von Konflikten im Umfeld von Migration oder schlechthin die Darstellung des Islam.

In dem Zusammenhang kritisierte Anna Schiff auch Zeitschriften wie den ‚Spiegel‘. Dabei unterstellte sie deren Redaktionen nicht eine bewusste Unterstützung rechtspopulistischer Thesen. Notwendige Hinterfragungsprozesse würden aber gelegentlich nicht stattfinden. Auch das Frauen-Magazin ‚Emma‘, das von Zeit zu Zeit von rechtspopulistischer Seite herangezogen werde, nehme oft seine Verantwortung, einseitiger Darstellung narrativen Raum zu bieten, nicht ernst genug.

Letztlich gehe es darum, Haltung zu zeigen, so Anna Schiffs Conclusio. Dabei sei es unerlässlich, auch Kritik und Ängste zuzulassen. Immer müsse eine Darstellung von gesellschaftlichen Situationen und Phänomenen komplex und vielschichtig geschehen. Nur dann lasse sie sich nicht aus rechtspopulistischen Ansinnen vereinnahmen. Es gebe keine andere Wahl als den Spagat zwischen berechtigter Kritik und Vereinnahmung auszuhalten. Das widerspricht einer populistischen Vereinfachung. Aber es bleibt oft kompliziert.

Foto: Stephan Schütze
Genderforscherin Anna Schiff veranschaulichte den Versuch, feministische Themen zu instrumentalisieren.