Fachtagung in Dortmund: Transparente Haushalte und ethisch-nachhaltige Geldanlagen
„Wie glaubwürdig ist die Kirche?“ – anhand der Schwerpunkte Finanzen und Kirche als Arbeitgeber diskutierten Fachleute und Interessierte am 28. Februar 2014 im Dortmunder Reinoldinum dieses brisante Thema.
Eingeladen hatten das Evangelische Erwachsenenbildungswerk Westfalen und Lippe e.V., die Evangelische Akademie Villigst und das Amt für Mission, Ökumene und kirchliche Weltverantwortung der Evangelischen Kirche von Westfalen (EKvW).
Die Glaubwürdigkeit der Kirche zeige sich unter anderem durch ethisch-nachhaltige Geldanlagen und durch die Transparenz der Haushalte, die auf allen Ebenen der Kirche bis hin zur Gemeinde öffentlich ausgelegt werden müssten.
„Die Finanzkrise ist wegen dieser Anlagen an der EKD vorbeigegangen“, so Thomas Begrich, Leiter der Finanzabteilung bei der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Kirche bestehe immer aus Wort und Tat, und die Tat müsse finanziert werden. Dabei betrage der Anteil von Fördermitteln und Zuschüssen im Gesamthaushalt der EKD lediglich 19,6 Prozent.
Der Anteil der Kirchensteuer und damit der Gaben der Mitglieder rund 50 Prozent. „Die Gaben sind die starke und unverzichtbare Finanzquelle der Kirche“, so Begrich.
„Die Kirchensteuer ist die gerechteste Einnahme, denn sie ist an die Einkommenssteuer gebunden. Und so zahlen all diejenigen keine Kirchensteuer, die so wenig haben, dass sie auch keine Steuern zahlen“, so Dr. Arne Kupke, juristischer Oberkirchenrat in der EKvW und zuständig für Fragen des kirchlichen und staatlichen Steuerwesens.
In Westfalen sei das Kirchensteueraufkommen in den vergangenen 20 Jahren um ein Drittel zurückgegangen. Das sei der Entwicklung von einem Geberland in ein Rückbaugebiet geschuldet. Westfalen partizipiere auch sehr wenig von den derzeit heftig diskutierten so genannten Staatsleistungen. Diese machen in der EKvW nur 0,9 Prozent der Kirchensteuer aus.
Ohnehin seien es nicht die Kirchen, die an diesen Leistungen hingen, so Kupke. Wenn es nach der EKvW, anderen Landeskirchen und der EKD gehe, könnten die Staatsleistungen, die teils auf einstige Enteignungen kirchlicher Ländereien zurückgehen, auch abgelöst werden. „Die Politik müsste dazu nur ein Gesetz machen“, so Kupke.
Das sei in der Großen Koalition mit ihrer großen Mehrheit sicher einfacher als bei geringen Mehrheiten. In der Weimarer Republik habe es bereits einen Gesetzesentwurf gegeben. Kupke: „Den haben wir wieder ausgegraben, vorgelegt und außerdem unsere Bereitschaft signalisiert. Jetzt ist wirklich die Politik am Zuge.“
Die Glaubwürdigkeit der Kirche als Arbeitgeber machen die Gewerkschaften unter anderem am Streikrecht fest. Im so genannten Dritten Weg sind Streik und Aussperrung sowie der Gang zum Arbeitsgericht ausgeschlossen. Das kirchliche Schlichtungsverfahren dagegen sei eine Art zahnloser Tiger.
„Bei der kirchlichen Rechtsprechung ist niemand da, der die Durchsetzung auch kontrolliert und sanktioniert“, kritisierte Max Jalaly, Vorstandsmitglied der Arbeitsgemeinschaft der Mitarbeitervertretungen des Diakonischen Werkes der EKvW (agmav).
„Die Glaubwürdigkeit der Kirche würde gestärkt, wenn sie ihre Diakonie wieder einfangen würde“, so Michael Pottgießer und ebenfalls Vorstandsmitglied in der agmav. Dadurch, dass sich die Diakonie am Wettbewerb beteilige, seien auch schlechteren Tarifen Tür und Tor geöffnet.
Pfarrer Rüdiger Schuch, Vorstandvorsitzender des Evangelischen Perthes-Werkes und ehemaliger Superintendent des Kirchenkreises Hamm, bekannte sich zum Dritten Weg: „Die Tarifabschlüsse sind nicht schlechter.
Das Problem sind die privaten Anbieter, die im ersten Weg schlechte Tarife vereinbaren.“ Die Diakonie sei ein religiöser Tendenzbetrieb und dürfe deswegen einen eigenen Weg gehen. „Das ist kein Freifahrtschein, unsere Mitarbeiter schlechter zu stellen“, so Schuch.
Maria Tschaut von ver.di forderte: „ Wir brauchen einen gemeinsamen Tarifvertrag, um diese Sozial- und Gesundheitsbranche in den Griff zu bekommen.“
Alle waren sich einig: Kirche und Diakonie müssen sich daran messen lassen, wie Vorgesetzte mit ihren Mitarbeitern umgehen. Transparenz, wie und warum eine Entscheidung getroffen wurde, sei wichtig.
Darüber hinaus kamen die Podiumsteilnehmer gemeinsam zu dem Schluss, dass die Politik für die Finanzierung sorgen müsse. „Wir haben in unseren Alteneinrichtungen 40 Prozent Selbstzahler. Die können sich das bald nicht mehr leisten“, warnte Schuch. Er habe Sorge, dass das ganze System „an die Wand fahren“ werde.