02.06.2021

‚Beth Olam‘ – Ewiges Haus

Ein Rundgang über den Jüdischen Friedhof in Dortmund

Über 1700 Jahre lässt sich jüdisches Leben In Deutschland nachvollziehen. Daran erinnern in diesem Jahr zahlreiche Veranstaltungen. Unter ihnen war Ende Mai ein Besuch auf dem Jüdischen Friedhof, über den Mitglieder der Jüdischen Kultusgemeinde in Dortmund die Besucher*innen führten. Mit organisiert worden war der Besuch von den Dialogbeauftragten des Evangelischen Kirchenkreises Dortmund zusammen mit der christlich jüdischen Gesellschaft.

Der Jüdische Friedhof ist ‚beth olam‘, übersetzt: ‚Ewiges Haus‘. Denn jüdische Gräber sollen der Tradition nach ewig bestehen. In der Nähe des Dortmunder Hauptfriedhofes befindet sich der Friedhof, auf dem die Jüdische Kultusgemeinde ihre Verstorbenen seit 1921 bestattet.

Jüdische Friedhöfe sind bedeutende Zeugnisse jüdischer Geschichte und jüdischen Lebens. Der Kantor der Kultusgemeinde Dortmund, Arie Mozes, informierte über Trauer- und Bestattungsriten im Judentum. So solle nach jüdischer Tradition die Bestattung eigentlich am Tag des Versterbens erfolgen, was in Deutschland allerdings nicht möglich sei. Zum Zeichen der Trauer mache man sich einen Riss ins Hemd. Auch die Tradition der siebentägigen Trauerwache erläuterte Mozes als Zeichen des Respekts vor dem verstorbenen Menschen und als Trauerzeit für die Hinterbliebenen.

Barbara Samuel, seit 1950 und nach eigenen Worten somit „dienstältestes Mitglied der Gemeinde“, sprach anschaulich über viele der Gräber. Sie kannte etliche der Verstorbenen einst persönlich. Mit einigen von ihnen, so berichtetet sie, sei ihr Vater im Konzentrationslager Theresienstadt eingesperrt gewesen.

Nahe am Eingang das Grab des Wiederbegründers der Kultusgemeinde nach dem NS-Terror und deren ersten Vorsitzenden (1945-1965) Siegfried Heimberg. Unweit davon der Grabstein des ersten Dortmunder Rabbiners Emil Davidovic. Von 1963 – 1986 war er Landesrabbiner von Westfalen und Gemeinderabbiner. Auf seinem Grabstein finden sich auch die Namen seiner beiden kleinen Kinder, die in Auschwitz ermordet wurden. Für andere im Holocaust ermordete Menschen wurden symbolisch leere Gräber angelegt.

Auffällig die neuen Gräberfelder im nördlichen Teil des Friedhofs. Sie tragen vorwiegend russisch klingende Namen. Hier ruhen viele der Gemeindeglieder, die nach 1990 aus den GUS–Staaten zugewandert waren. Direkt am Eingang finden die Besucher*innen ein ungewöhnliches Denkmal, das erst vor wenigen Jahren errichtet wurde. Es erinnert an jüdische Soldaten, die in den alliierten Armeen des 2. Weltkrieges gegen Nazideutschland gekämpft haben.

Nach 90 Minuten auf dem Jüdischen Friedhof hatten die Teilnehmenden eine Fülle neuer Eindrücke und Informationen bekommen. Die persönlichen Berichte, aber auch die ständigen Bezüge zur Verfolgungsgeschichte und Bedrohung jüdischen Lebens berührten sie sehr.

Die nächste Veranstaltung zum Gedenkjahr

Am 22. Juni um 19 Uhr findet die nächste Veranstaltung statt.
Dann geht es bei einem Besuch in der Kultusgemeinde um jüdisches Leben heute und den Alltag in der Gemeinde.

Anmeldungen

Referat für Gesellschaftliche Verantwortung
E-Mail:rgv(at)ekkdo.de

Foto: privat
Kantor Arie Mozes (in der Bildmitte) erklärte die jüdischen Trauerrituale.
Foto: privat