Groß war er nicht, der Kreis der Teilnehmenden bei der Online-Veranstaltung, zu der der Arbeitskreis „Christ*innen gegen Rechtsextremismus“ eingeladen hatte. Aber auch einige Interessierte, die nicht aus dem engeren Umfeld der Evangelischen Kirche in Dortmund kamen, waren an ihren Bildschirmen zugeschaltet. „Eine ‚konservative‘ Partei? – Zur Demokratiefeindlichkeit der AfD“ war der Titel von Vortrag und Diskussion. Referent war der Sprecher des Arbeitskreises und Leiter des Referats für Gesellschaftliche Verantwortung, Pfarrer Friedrich Stiller.
Schon seit längerer Zeit setzen sich der Arbeitskreis und der Synodalausschuss für Gesellschaftliche Verantwortung im Kirchenkreis mit den Inhalten und dem Auftreten der selbst ernannten „Alternative für Deutschland“ auseinander. Im Mittelpunkt dabei stehen deren Verhältnis zur Kirche sowie die Frage, ob und in welcher Weise sich die Evangelische Kirche in diesem Verhältnis politisch äußert.
AfD ist rechtspopulistisch
Referent Friedrich Stiller skizzierte die Begriffs-Trias: Konservatismus, Rechtspopulismus und Rechtsextremismus. Für die AfD treffe die Bezeichnung „Rechtspopulismus“ zu, der sich durch drei wesentliche Merkmale definieren lasse: Er unterstelle eine Trennung zwischen „Elite“ und „Volk“, das in seiner vermeintlichen Unterlegenheit gleichsam idealisiert werde. Hinzu komme die Trennung von „Volk“ (innen) und „Fremden“ (außen). Und schließlich arbeite er mit unzulässigen Vereinfachungen als rhetorischen Stilmitteln, insbesondere zulasten ethnischer Minderheiten.
Stiller legte dar, dass die AfD immer wieder gezielt auf Provokationen und eine Strategie der Skandalisierung setze. Als Beispiel diente ein Ausschnitt aus der Rede des Thüringer Parteisprechers Björn Höcke von 2017 vor der Jugendorganisation der Partei im Dresdner Ballhaus. Sie belegt eine Position der Fundamentalopposition gegen das bestehende demokratische System. Ein Blick in das Grundsatzprogramm der AfD zeigt dies ebenfalls. Dort findet sich die Behauptung, dass die Abgeordneten in deutschen Parlamenten „ihre Funktion als Mandatare der Bürger“ verloren hätten.
Programm fordert „Deutsche Leitkultur“ ein
Damit wird suggeriert, dass die Vorgabe des Grundgesetzes außer Kraft gesetzt sei. Postuliert wird im Programm eine „Deutsche Leitkultur“, die im Gegensatz stehe zu einem praktizierten „Multikulturalismus“. Gesellschaftliche Vielfalt wird so negativ als schädlicher „Import kultureller Strömungen“ bewertet, der angeblich die Einheit des eigenen Volkes bedrohe. Darüber hinaus bestreitet das Grundsatzprogramm einen menschengemachten Klimawandel. Stattdessen spricht es von einer „Warmzeit“, die es gegenwärtig zu durchleben gelte.
Insgesamt, so Friedrich Stillers Fazit, präsentiere sich die AfD weniger konservativ als vielmehr völkisch-nationalistisch. Gegenüber christlich orientierten Wähler*innen versuche sie, sich als Verteidigerin von Werten zu generieren. Sie suche, Resonanzräume zu besetzen, etwa in Bezug auf Themen wie Familie, Islamangst oder die Abkehr von der Volkskirche, die sie angreife, indem sie ihr eine „Doktrin der Klimarettung“ als „neue Heilslehre“ unterstelle. Gleichwohl, so Stiller, gebe es Schnittstellen, denn auch erklärte Christ*innen gehörten zur Wählerschaft der AfD.
Abgrenzung zur AfD nötig
Den Kirchen wie auch anderen Akteur*innen in der Zivilgesellschaft riet der Referent, zwischen persönlichen, zuweilen seelsorglichen, und öffentlichen Situationen zu unterscheiden. Mit AfD-Sympathisierenden brauche es die persönliche Auseinandersetzung, gleichzeitig sei eine Abgrenzung in öffentlichen Veranstaltungen notwendig. Die Kirchen kämen zudem nicht umhin, Grundlinien zu klären. So gehe es um die Gottesebenbildlichkeit eines jeden Menschen und um eine universelle Dimension der Nächstenliebe.