23.10.2024

Corrymeela beginnt, wenn du gehst …

Intergenerative Studienreise führte nach Corrymeela in Nordirland

Vor 52 Jahren ereignete sich der „Bloody Sunday“ in Derry, Nordirland, bei dem 14 Menschen starben. Eine intergenerative Studienreise durch historische Konfliktorte, zeigte Versöhnungsarbeit und offenbarte die Komplexität des Konflikts. Veranstaltet wurde sie Mitte Oktober vom Referat Ökumene in Kooperation mit der Kontaktstelle Ev. Jugend des Evangelischen Kirchenkreises Dortmund. An der Reise nahmen zehn Menschen unter 27 Jahren und elf über 27 Jahre teil.

Am 30. Januar 1972 erschoss das britische Militär in Derry 13 katholische Demonstranten während eines Protestmarsches; ein weiterer starb später an seinen Verletzungen. Dieser Tag ging als „Bloody Sunday“ in die Geschichte ein.

I can't believe the news today
Oh, I can't close my eyes and make it go away

How long, how long must we sing this song?
How long? How long?

'Cause tonight
We can be as one
Tonight

Broken bottles under children’s feet
Bodies strewn across the dead-end street
But I won't heed the battle call
It puts my back up, puts my back up against the wall

Sunday, Bloody Sunday
Sunday, Bloody Sunday
Sunday, Bloody Sunday
Sunday, Bloody Sunday
Alright, let´s go
...

Die irische Rock-Band U2 schuf daraus den bewegenden Song. Die genauen Hintergründe und der Ablauf wurden erst Jahrzehnte später bekannt. Die bürgerkriegsähnlichen Zustände begannen 1968 mit einer Bürgerrechtsdemonstration der Northern Ireland Civil Rights Association (NICRA) in Londonderry, die Reformen und Gleichberechtigung forderte. Dabei kam es zu gewaltsamen Zusammenstößen mit der Polizei, was weitere heftige Aufstände auslöste. Es folgten jahrelange Gefechte zwischen nationalistischen Katholiken, die Nordirlands Unabhängigkeit anstrebten, und unionistischen Protestanten.

Zu Beginn der Herbstferien reiste eine Gruppe von 21 Teilnehmer*innen im Alter von 16 bis 78 Jahren nach Nordirland, ohne zu ahnen, wie intensiv sie den damaligen Konflikt erleben würden. Die Reise führte von Dublin nach Londonderry, über Corrymeela und Belfast, zurück nach Dublin. In Londonderry und Belfast besuchte die Gruppe historische und aktuelle Konfliktorte. Im interreligiösen Begegnungszentrum Corrymeela bei Ballycastle erlebten sie aktiv die Versöhnungsarbeit der Community. Der Mediator Sean OBaoill, Mitglied der Corrymeela Community, führte die Gruppe durch die Geschichte Irlands, die Konflikte in Nordirland und das Abkommen von 1998 bis zu dessen heutigen Auswirkungen.

Corrymeela konzentriert sich auf Versöhnung und Gemeinschaftsbildung, besonders in Konfliktsituationen. Mit Fahnen verdeutlichte OBaoill die Vielzahl der politischen Strömungen der protestantischen und katholischen Bewegungen in Nordirland. „Den Reisenden wurde klar: Nichts ist einfach oder schnell zu lösen“, resümiert Dirk Loose vom Referat Ökumene. In Planspielen und Diskussionen erprobte und reflektierte die Gruppe Konfliktlösungsstrategien. Der Ire Sean OBaoill ist auch Geschichtenerzähler, Lyriker, Musiker und Entertainer. Er entführte die Gäste an einem Abend in die Welt der irischen Geschichten und Mythen, begleitet von eindrucksvoller Musik.

Stimmen aus der Reisegruppe

„Mit reichlich vielfältigen Eindrücken und ebenso spürbarer Nachdenklichkeit kehren wir nun schrittweise in unseren Alltag zurück. Das Miteinander von Jung und Alt in unserer Gruppe sehen wir als sehr gelungen an. Eine Mischung aus Lebenserfahrung und jugendlicher Lebensperspektive. Schön, dass wir dabei sein konnten.“
Susanne und Josef

„Mit tollen Erlebnissen und unvergesslichen Erfahrungen ist man wieder zu Hause angekommen. Aber ist die Reise jetzt 100 Prozent? Nein! Corrymeela begins when you leave, fasst es gut zusammen. Die netten Menschen, die Gottesdienste, die Gespräche und Lehren von Sean kann man auch zu Hause in sein Leben gut einbauen. Ich bin dankbar, dass ich dabei war.“
Bruno

„Auch bei mir hat die gemeinsame Reise einen nachdrücklichen Eindruck hinterlassen.
Ich bin mit vielen Fragen im Gepäck auf diese Reise gegangen.
Die meisten dieser Fragen konnte ich rasch positiv für mich beantworten.
Andere Fragen bleiben offen oder haben sich verändert. Ich habe sowohl über den immer noch bestehenden, facettenreichen Konflikt in Nordirland als auch über Konfliktlösestrategien und für mich persönlich unfassbar viele Informationen und wegweisenden Input erhalten.
Dafür bin ich unendlich dankbar. Kurzum war es eine sehr intensive, wunderbare Woche, mit fantastischen Menschen, bereichernder Kommunikation, vielen Emotionen und mit Sicherheit langen Nachwirkungen und wegweisenden Eindrücken. Wie heißt es doch: Corrymeela begins when you’re leaving corrymeela.“
Catrin

Die Corrymeela Community ist eine Gemeinschaft von Menschen jeden Alters und jeder christlichen Tradition, die sich zusammengefunden haben, um sich gemeinsam für die Heilung der sozialen, religiösen und politischen Spaltungen und Versöhnung in Nordirland aber auch weltweit zu engagieren.

Das Anliegen der Gemeinschaft ist es, ein Kennenlernen zu ermöglichen: Römisch-katholische und evangelische Menschen, etwa Schulklassen oder Gemeindegruppen, werden eingeladen, einige Tage gemeinsam im Corrymeela Center in Ballycastle, einem Ort an der Nordküste Nordirlands, zu verbringen. Corrymeela bietet auch einen sicheren Ort, an dem Menschen Zuflucht nehmen können.

Foto: Mark Fäth
In den Herbstferien reiste die Gruppe von 21 Teilnehmer*innen im Alter von 16 bis 78 Jahren nach Nordirland.
Foto: Mark Fäth