Interreligiöses Gebet in der Jüdischen Kultusgemeinde
Eine erfrischend andere Deutung der biblischen (Zehn) Gebote präsentierte das Interreligiöse Gebet Ende Oktober. Anders und erfrischend, weil eben nicht der erhobene Zeigefinger des „Du sollst“ im Mittelpunkt stand.
Mehr als 200 Gläubige der abrahamitischen Religionen – Christentum, Judentum, Islam und Bahá´í – waren in den großen Saal der jüdischen Kultusgemeinde gekommen. „Gottes Gebot – die Freiheit nehm´ ich mir“ war Thema des Abends, musikalisch einfühlsam begleitet von Petra Held, Martin Hermann und Djamschid Solouk.
„Freiheitssätze“, so die Christin Ute Guckes mit Verweis auf den Theologen Fulbert Steffensky, seien die Zehn Gebote. Mit ihnen lehre der Gott, der sein Volk aus der Sklaverei geführt habe, „Sätze mit denen es seine Freiheit schützen und seine Würde bewahren kann“.
Damit löste Guckes das Spannungsverhältnis von Geboten und Regeln einerseits und Freiheit anderseits, von dem Pfarrer Thomas Böhmert in seiner Begrüßung gesprochen hatte, zugunsten der Freiheit auf. Sie bestehe als wahre Freiheit, so Björn Muntzeck von den Bahá´í „in der Unterwerfung unter Sein Gebot“. Muntzeck bezeichnet es als „Tagesanbruch der Offenbarung Gottes“.
Die Vertreter der jüdischen Gemeinde, Rabbiner Avichai Apel und Barbara Samuel, lasen Auszüge aus den Heiligen Schriften im Wechsel auf Hebräisch und auf Deutsch. Sie überraschten die nichtjüdischen Zuhörerinnen und Zuhörer mit der Information, dass die Zehn Gebote zwar „sehr bedeutungsvoll“ für den jüdischen Glauben seien, doch sie seien nur ein Teil von allen Geboten. „Denn dazu haben wir noch weitere 603 Ge- und Verbote durch die Tora bekommen.“
Ebenfalls zweisprachig – arabisch und deutsch – stellten Ahmad Aweimer und Ridwan Heimburger, Teile des Koran mit dessen Interpretation vor. „Das islamische Menschenbild“, so Heimburger, „ist eines mit Würde ausgestatteten, frei handelnden, selbst bestimmten Individuums, das sich im Bewusstsein seiner eigenen Unvollkommenheit dem Willen seines Schöpfers unterwirft“.
„Auf dem Weg zur Freiheit“ hieß es deshalb auch in dem abschließenden gemeinsamen Gebet. Auch wenn es für manche ungewöhnlich war, mit Gläubigen anderer Religionen gemeinsam zu beten, es sollte ein Zeichen zum Frieden und zur Versöhnung der Religionen sein.
Alleine deshalb ist das Interreligiöse Gebet wichtig – in diesem Jahr war es übrigens das 19. „Damit“, so begründete es Zwi Rappoport für die gastgebende jüdische Gemeinde, „nicht die Kräfte des Bösen die Überhand gewinnen.“