Es ist kein Ruhmesblatt für die Christen in den USA: denn sie waren es, die Donald Trump zur Präsidentschaft verholfen haben. Die große Mehrheit der Katholiken hat Trump gewählt. Bei den Evangelikalen waren es sogar 81 Prozent.
Gepunktet hat er bei ihnen, obwohl sein Lebensstil mit drei Ehen und etlichen außerehelichen Affären bei Katholiken und Evangelikalen eigentlich nicht als christlich durchgehen würde. Seine Politik selbst „hat mit christlichen Werten überhaupt nichts zu tun“. Das sagt Mark Burrows von der United Church of Christ, einer liberalen, protestantischen Partnerkirche der Evangelischen Kirche von Westfalen.
Ein Paradox: Zwar repräsentiert Trump keine christlichen Werte, dennoch wurde er mehrheitlich von Christen gewählt. Für Burrows, Professor an der Evangelischen Hochschule Rheinland-Westfalen-Lippe, ist dieser Widerspruch nur zu erklären, wenn man Geschichte, Tradition und Kultur der USA versteht.
Einem rund 100-köpfigen Publikum in der Stadtkirche St. Petri breitete er deshalb die geschichtlichen Hintergründe für das politische Verhalten vieler US-Amerikaner aus. Er machte dabei einen Rückgriff bis hin auf die Pilgerväter und die ersten Auswanderer von dem europäischen Kontinent.
Zum größten Teil engagierte, überzeugte und geflüchtete Christen hätten sie biblische Verheißungen auf ihre eigene Existenz bezogen. Im Glauben, Gottes eigenes Volk zu sein, sollte in der Wildnis das neue Israel errichtet werden. In den jungen amerikanischen Staaten, so auch später die feste Meinung, würde Gottes Zukunft anbrechen.
Daraus ist eine Mischung aus christlichem Glauben und Patriotismus geworden, die Europäer kaum nachvollziehen können. Ein symbolhaftes Beispiel: Seit 1864 wird der Spruch „In God we trust“ auf allen US-Münzen und Banknoten geprägt. Es ist auch selbstverständlich, dass in den Kirchen die US-Fahne steht, in evangelischen Gesangbüchern die Nationalhymne abgedruckt ist oder in politischen Reden selten der Bezug auf Gott fehlt. Darauf, Burrows nennt es „Zivilreligion“, docken Trumps Schlagwörter von „America first“ oder „Make America great again“ an. Entsprechend bejubelt wurde Trumps Wahlsieg: „Thank you Lord Jesus for President Trump.“
Burrows Prognose: Diese „Zivilreligion“ wird die politische und kulturelle Landschaft der USA in den nächsten Jahren, auch bei der nächsten Wahl prägen. Er hält es für wahrscheinlich, dass Trump wiedergewählt wird. Dann könne es allerdings eine Krise geben. Denn, so der Journalist Gerald Baars, der den Abend moderiert hatte, Trump hätte die Spaltung der USA erreicht.
„Divided States of America“ statt „United States of America“. Es gäbe bereits die ersten, ergänzte Burrows, die von einem neuen Bürgerkrieg sprechen. Hoffnung mache allerdings die Opposition, die vielfältigen Demonstrationen und Meinungsäußerungen gegen Trump.
Das Evangelische Bildungswerk Dortmund hat den Abend gemeinsam gestaltet mit dem Evangelischen Erwachsenenbildungswerk Westfalen und Lippe e.V. und der Konrad Adenauer Stiftung, Regionalbüro Westfalen.
Der Referent Prof. Mark Burrows gemeinsam mit den Veranstaltern Katrin Köster (Ev. Bildungswerk Dortmund), Felix Eichhorn (Ev. Erwachsenenbildungswerk Westfalen und Lippe e.V.), Beate Kaiser (Konrad-Adenauer-Stiftung) und dem Moderator Gerald Baars. Foto: Stephan Schütze