Um die Kümmernden ging es im Oktober in der Evangelischen Stadtkirche St. Petri. Zur Lesung und Gespräch mit Birgit Lambers, Autorin des Buches "Wenn die Eltern plötzlich alt sind", hatten das Evangelische Erwachsenenbildungswerk Westfalen und Lippe, die Stadtkirche St. Petri und das Evangelische Bildungswerk Dortmund eingeladen.
In ihrem Buch beschreibt die Dipl.-Sozialpädagogin, Familien- und Gestalttherapeutin Lambers in fünf Kapiteln "Die 'alte' Gesellschaft", wie es den kümmernden Kindern geht und was sie besonders aufregt. Lässt die Eltern zu Wort kommen und zeigt Wege und gibt Tipps für ein "Raus aus der Überforderung".
In der Vorbereitung zu einer Veranstaltungsreihe zum Thema Pflege habe sie nur Moralapostel-Literatur gefunden, berichtete Lambers. "Der Druck, die Pflicht und das Muss haben mich sehr gestört", erklärt sie den Grund fürs Schreiben ihres Buches.
Das Kümmern kommt oft unerwartet, "weil wir es uns nicht vorstellen können, dass die, die uns das Leben beigebracht haben, mal unsere Hilfe benötigen". Die Veränderung der Beziehung kommt plötzlich. Dann gilt nicht mehr, "alt werden immer nur die Anderen." Als den Klassiker dafür bezeichnet Lambers den Oberschenkelhalsbruch und die Demenz. Auf einmal verdrehen sich die Rollen. Dann werde das Ei klüger als die Henne.
In Deutschland hat sich das Kümmern dramatisch verändert, beschreibt sie die Situation. Die Zahl der über 65-jährigen hat stark zugenommen, die Dauer des Pflegens hat sich verlängert. Dabei stoßen die Kinder an ihre Grenzen, glaubten es läge an Ihnen, sie seien "Rabenkinder".
Lebensentwurf und -bedingung passen nicht zum Kümmern, die "Hauptkümmerer sind heute berufstätig", so Lambers. Das Gegenteil fände sich in Skandinavien. Dort gibt es ein breites Angebot für alte Menschen. Es ist selbstverständlich, dass sie noch einmal woanders leben. Und es gibt kein Makel, kein Vorwurf des Abschiebens. Der Staat ist dort für den alten Menschen verantwortlich. Das sorge für Entlastung.
"Gut kümmern geht nur, wenn die Kümmernden sich auch um sich selbst kümmern", lautet die Empfehlung, denn "15 Prozent der pflegenden Angehörigen erkranken an Depression". Das Gefühl, sich nicht richtig zu kümmern, mache ein schlechtes Gewissen. Den Druck rauszunehmen sei wichtig. Das Handeln müsse unter der Frage stehen: "Wie kann ich auf mich aufpassen und das Kümmern gesund überstehen?"
Für Diskussionen mit den Eltern hat die Therapeutin einen Tipp: "Keinen Vorwurf machen". Besser sei es auf Augenhöhe zu kommunizieren und die eigenen Sorgen zu formulieren, zum Beispiel um den Vater, der in hohem Alter noch Auto fährt.
- Wenn die Eltern plötzlich alt sind
Birgit Lambers
Kösel-Verlag
18 Euro